„Hat das Silicon Valley ein Empathie-Vakuum?“, fragte jüngst im Magazin „The New Yorker“ ein führender Tech-Blogger. Er zielte wohl auf die dort verbreitete Unfähigkeit, sich in diejenigen hineinzuversetzen, deren Leben von der technologischen „Zauberei“ betroffen sind. Also die Einzelhändler, die Hoteliers oder die Taxifahrer, die unter Amazon, Airbnb oder Uber leiden.
Aber darf man ein solches Einfühlungsvermögen von Technologie-Freaks überhaupt erwarten, deren Tunnelblick darauf gerichtet ist, die Welt „besser“ zu machen? Nerd kommt angeblich vom englischen „drunk“. Man liest es rückwärts und beschreibt damit Leute, die sogar College-Abschlusspartys meiden.
Doch muss man die gleiche Frage nicht inzwischen auch bei Autoherstellern und Industrieunternehmen stellen, wenn man die jüngsten Meldungen von der CES liest? Das Auto denkt, das Auto lenkt, das Auto spricht. Es wird ein Butler, ein elektrischer Freund mit künstlicher Intelligenz und „kinetischer Wärme“. Motorenbauer, Lkw-Fahrer, Mechaniker oder Autohändler passen da nicht in den Thesaurus der schönen Begriffe von Cloud bis eWallet.
Denn mittelfristig, das wissen die Firmenlenker, werden die Kosten der Digitalisierung externalisiert. Sie werden dem Staat und der Gesellschaft übergeben. Wie sonst könnte Bosch-Chef Volkmar Denner bei einem Exkurs zu Industrie 4.0 den Journalisten zurufen, doch jetzt bitte nicht gleich über menschenleere Fabriken zu schreiben? Warum denn fordern Telekom-Chef Timotheus Höttges und Siemens-Boss Joe Kaeser schon seit Längerem ein bedingungsloses Grundeinkommen? Weil sie wissen, was kommen wird.
Weil sie ahnen, dass die Zahl derer, die in Lohn und Brot stehen, zwangsläufig abnehmen wird. Wenn das ZF-Motto „See, Think, Act“ dieneue Währung ist, dann braucht es auch ein „Reflect“. Denn die CES machte deutlich, dass Politik und Gesellschaft spätestens jetzt über die weniger schöne Seite der Digitalisierung nachdenken müssen. Also so,als ob Menschen bei alledem noch eine Rolle spielten.