Toyota will in Europa wachsen

Viele Autobauer in Europa blicken voller Sorge auf die nächsten zehn Jahre, einige mit kaum verhohlener Existenzangst. Es erfordert viel Selbstbewusstsein, sich nicht von der verzagten Stimmung in der Branche anstecken zu lassen. "Toyota unterscheidet sich von seinen Wettbewerbern durch ein solides Know-how bei elektrifizierten Technologien, durch eine lang­fristige Vision für die nächsten Schritte der Elektrifizierung, durch eine kontinuierliche Umsetzung seiner Ziele und nicht zuletzt dadurch, dass wir kalkulierbare Risiken eingehen."

Dieses für Toyota ungewöhnliche Eigenlob erlaubte sich Europa-Chef Johan van Zyl bei der Präsentation der Pläne für die nächsten zehn Jahre in Amsterdam. Dabei strahlte er eine Zuversicht aus, die so mancher andere Manager vermissen lässt. "Wir wollen unsere Verkäufe in Europa bis 2025 auf jährlich rund 1,4 Millionen Fahrzeuge ausweiten und dann einen Marktanteil von rund 6,5 Prozent erreichen", sagte van Zyl. Dies bedeutet nichts weniger als ein Wachstum um ein Drittel in fünf Jahren.

Im gleichen Atemzug kündigte der Europa-Chef den späten Einstieg in das wachsende Segment der kleinen SUVs an. "Wir werden in das B-SUV-Segment expandieren und dabei die gesamte Palette der Antriebstechnologien anbieten." Einen Namen für das neue Modell nannte er zwar noch nicht, fest steht aber, dass es auf der Plattform GA-B wie der Yaris stehen und wie dieser im französischen Valenciennes gebaut wird. Ab 2025 sollen die beiden Modelle dann für rund ein Drittel aller ­Europa-Verkäufe Toyotas sorgen.

Van Zyl kann mit einigem Recht Zuversicht zeigen. Da ist zunächst einmal der kontinuierliche Absatzerfolg: 2015 verkauften die ­Japaner in Europa 875.000 Fahrzeuge, 2019 waren es 1,1 Millionen. Der Marktanteil stieg seitdem von 4,6 auf 5,3 Prozent. Maßgeb­lichen Anteil an dieser Entwicklung hat die Stärke des Herstellers beim klassischen hy­briden Antriebsstrang. 63 Toyota-Modelle waren zuletzt damit ausgestattet. Die Oberklassemarke Lexus hat sogar einen Hybrid­anteil von 96 Prozent.

Doch nicht nur das Verkaufs­volumen klettert stetig, sondern auch der Profit. Im Geschäftsjahr 2018, das Ende März 2019 endete, lag der operative Gewinn in Europa bei nahezu einer Milliarde Euro. Für das erste Halbjahr des laufenden Geschäftsjahrs erwartet van Zyl eine operative Marge von 4,2 Prozent. Das ist kein Spitzenwert, optimistisch stimmt aber der kontinuierliche Aufwärtstrend.

Doch ausruhen will sich Toyota darauf nicht. Die weltweite Nummer zwei hinter Volkswagen räumt zumindest selbst ein, dass der Gigant agiler, schneller und manchmal auch mutiger werden muss. Als einer der letzten großen Autobauer kündigte Toyota deshalb jetzt an, sein Mobilitäts­geschäft erheblich auszubauen. Dazu gründete der Konzern mit "Kinto" zum ersten Mal seit 30 Jahren eine neue Marke.

Der Titel leitet sich vom japanischen Wort "Kintoun" für "Wolke" ab. Er steht für eine in Japan bekannte Zeichentrickfigur, die wie von Zauberhand eine hilfreiche Wolke herbeirufen kann, auf der sie jederzeit auf und davon ­eilen kann. Eine passende Analogie. "Mit Kinto wollen wir eine ebenso starke Marke für Mobilitätsdienstleistungen schaffen wie es die Marken Toyota und Lexus im Fahrzeugbereich sind", beschreibt Europa-Vertriebschef Matthew Harrison das Ziel. "Und ich bin überzeugt, dass wir ein führender Anbieter im schnell wachsenden Markt für Mobilitätsdienste in Europa werden können." Vice President Tom Fux: "Mit Kinto wollen wir unsere Kunden lebenslang an uns binden."

Das Projekt ist komplex. Zum Start gründete Toyota zwei ­Geschäftseinheiten: Toyota Fleet Mobility in Köln ist auf Full-Service-Leasing spezialisiert, Toyota Connected Europe in London ist eine Gesellschaft für digitale Plattformen. Viele Vorhaben stehen bislang nur auf dem Papier. Doch das schmälert das Selbst­bewusstsein Toyotas nicht.

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