"Jetzt ist er weg, der Herr Winterkorn", meinte mein Bäcker lapidar. Mich hat es eher erstaunt, mit welchem Tempo die US-Regulierer die oberste Entwicklungsriege des Weltkonzerns zerlegten. Niemand bei Ford oder GM hätte nach nur einem Wochenende gesagt, "wir waren unehrlich", wie VW-Amerika-Chef Michael Horn. War das typisch deutsches Verhalten oder das Wissen um eine erdrückende Beweislast? Wahrscheinlich war es beides.
Nach Martin Winterkorns Rücktritt musste die Kommandobrücke schnell besetzt werden. Mit Porsche-Lenker Matthias Müller entschied man sich für ein Eigengewächs, dem man es zutraut, den Konzern aus der größten Krise zu führen. "Müller hat intime Kenntnisse", so Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil als Begründung für die Wahl des neuen Volkswagen-Chefs. Intimes Wissen allerdings muss weder bei der Aufarbeitung des Abgasskandals ein Vorteil sein noch bei der Aufgabe, die Unternehmenskultur zu verändern. Mit Andreas Renschler und Herbert Diess hätte es auch Alternativen ohne Stallgeruch gegeben.
Müller will jetzt mit eisernem Besen kehren. Doch wird das auch ein kultureller Neuanfang? Allemal wenn Müllers künftiger Oberaufseher auch dem System VW entspringt? Bräuchte man einen erfahrenen Finanzchef wie Hans Dieter Pötsch jetzt nicht eher dort, wo grundlegend neues Vertrauen geschaffen werden muss: bei Bankern, Finanzinvestoren und Aktionären? Fehlt dem Aufsichtsrat vielleicht der Mut, eine vor dem Skandal getroffene Entscheidung zu revidieren? Schnellschüsse wollte man laut Betriebsratschef Bernd Osterloh keine machen. Herausgekommen sind nun Rochaden, die wahrscheinlich noch auf Winterkorn zurückgehen. Vor Dieselgate wäre es richtig gewesen, einen der besten VW-Manager, Škoda-Chef Winfried Vahland, in die USA zu schicken. Nach dem Super-GAU ist es wahrscheinlich, dass der gewünschte Effekt erst mal verpufft. Hätte der Aufsichtsrat den Konzernumbau im Kontext von Dieselgate noch mal überdenken müssen? Vielleicht nimmt man sich ja mehr Zeit bei der Auswahl der drei neuen Chefentwickler.