"Die Autoindustrie wird politisch zerstört." So sieht es Wolfgang Reitzle. Auch wenn dies der Aufsichtsratsvorsitzende des Zulieferers Continental sagt – wo Reitzle recht hat, hat er recht. Wer sonst als die Politik bestimmt die Rahmenbedingungen? Eine Kompetenz, die man gerne ausübt. Bei der Verantwortung spielt man aber lieber Schwarzer Peter.
Die Autoindustrie, auch die Zulieferer, hätten auf den Strukturwandel zu spät reagiert, so die Replik des niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil. Verwunderlich nur, dass jene Unternehmen, die die Weichen schon frühzeitig gestellt haben, derzeit ebenfalls am Stock gehen – zum Hoffen verdammt, dass die Elektro-Wette aufgeht. Denn "raus aus dem Verbrenner" heißt nun mal zunächst weniger Arbeitsplätze, weniger Wohlstand. Das hat nichts mit "kaltem Kapitalismus" zu tun, als den Armin Laschet, Weils Pendant in NRW, die Werksschließungen von Conti anprangert. Die sich verändernden Rahmenbedingungen erfordern die Anpassung der ökonomischen Faktoren, was meist mit einer Verschiebung der Wertschöpfung einhergeht. Dorthin, wo man dem Auto als Wohlstandsmotor positiv gegenüber steht.
Der bayerische Ministerpräsident macht gleich die grüne Rolle rückwärts. Ähnlich wie der ADAC beim Tempolimit setzt Markus Söder ohne erkennbaren politischen Zwang urplötzlich ein Verbot des Verbrennungsmotors 2035 auf die Agenda. Schon möglich, dass Söder in den vergangenen Monaten Spaß am Verbieten gefunden hat.
Doch wäre es nicht besser, den Strukturwandel im Freistaat aktiv zu gestalten? So wie früher ein Macher wie Franz Josef Strauß. Zum Mond muss Bayern sicher nicht fliegen, Herr Söder. Aber über eine "Bayerische Wasserstoff- Gesellschaft" ließe sich ja mal nachdenken. Oder vielleicht über die neue Symbiose "E-Fuels und Lederhose". Das wäre doch besser, als uns heute zu erzählen, was Sie 2035 verbieten wollen. Sie haben noch 15 Jahre Zeit, die Dinge selbst zu gestalten. Packen Sie es an! Dann bin ich sicher, Sie schaffen das.
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