"Riesenlücke ­zwischen Stra­tegie und Geschäft"

Die digitale Transformation stellt viele Mittelständler vor große Herausforderungen. Umdie Geschäftsmodelle an die

Zukunft anzupassen, greifen die Zulieferer auf die Expertise von spezialisierten Beratungen zurück.

Eine von ihnen ist Porsche Consulting. Das Portfolio der Porsche-Tochter mit über 430 Mitarbeitern reicht von neuen Geschäftsmo­dellen über Effizienzprogramme bis hin zu Themen der digitalen Transformation und der Steigerung der Innovationkraft.

Eberhard Weiblen, Vorsitzender der Geschäftsführung bei der ­Strategieberatung, sieht bei vielen Zulieferern „eine Riesenlücke ­zwischen der aufgeschriebenen Stra­tegie und der Umsetzung im operativen Geschäft“.

Um sich selbst fit in diesem ­Themenbereich zu halten, hat Porsche Consulting etliche Experten für ­digitale Geschäftsmodelle eingestellt. Zudem pflegt das Unternehmen eine intensive Partnerschaft mit der Schwestergesellschaft MHP, die in der IT-Beratung stark ist.

Bei der Beratung Atreus haben Aufträge zudisruptiven Veränderungen in der Automobilindustrie in den vergangenen drei Jahren stark zugelegt. Stefan Randak, ­Leiter des ­Geschäftsbereichs Automotive, geht mit seinem Team ­dabei auf Themen wie alternative Antriebe, autonomes Fahren und Cyber-Security ein.

Ein weiterer Schwerpunkt neben klassischen Bereichen wie Produktion, Qualität oder Einkauf ist für Randak das Feld der digitalen Transformation. Der Atreus-Berater bemängelt, dass Mittelständler häufig versuchten, die Heraus­forderungen der Digitalisierung „mit eigenem Personal und Know-how zu stemmen. Das funktioniert aber in der Regel nicht.“ Nach Randaks Einschätzung täte jeder Mittelständler gut daran, „sich möglichst bald einen qualitativen Berater ins Haus zu holen, um ­seine digitale Transformation in ­allen Bereichen nachhaltig realisieren zu können“.

Von den weltweit 3000 Mitarbeitern von Alvarez & Marsal sitzen 105 Spezialisten in Deutschland. Die Beratung konzentriert sich ­unter anderem auf die Autozulie­ferer und ist auf Turnaround- und Sanierungsberatung spezialisiert. „Zudem bieten wir auch Programme zur Ergebnisverbesserung sowie Krisen- und Interim-Management“, sagt Automobilexperte Knut Konzelmann.

Die Beratung Berylls ist mit ­Leistungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette aktiv. Jan Burgard, Gründungsmitglied und Digitalisierungsexperte bei Berylls, ist der Meinung, dass sich die ­Zulieferer jetzt und in Zukunft „sehr viel stärker in den Endkunden hineindenken müssen, um ­daraus Schlüsse für das eigene ­Geschäftsmodell abzuleiten“. Eine der Kernkompetenzen seiner Firma sei es, die Zulieferer bei solchen Themen zu unterstützen.

Die Beratung bietet spezielle Workshops, um die Geschäftsmodelle von Firmen auf ihre Zukunftsfähigkeit zu überprüfen. Dabei wird aus der Perspektive ­eines Start-ups analysiert, ob sich das Geschäft eines Zulieferers schädigen lässt. „Über solche Workshops erhalten Unternehmen ein gutes Gefühl dafür, ob sie einer Gefahr ausgesetzt sind oder eine große Chance übersehen“, so Burgard.

Die Beratung Kemény Boehme & Company ist auf das Thema ­Produktqualität inklusive Ver­sorgungssicherheit fokussiert. Dasreicht vom Beseitigen von ­Produktfehlern im Rahmen von Rückrufaktionen über das Eliminieren von Fehlerursachen in der Produktentstehung bis hin zur ­Verarbeitung und Umsetzung der Erkenntnisse, um interne und ­externe Wertschöpfungsketten zu optimieren.

Geschäftsführer Stefan Kemény sieht bei Mittelständlern „vor allem eine Verunsicherung in der Einschätzung, ob sie von der Disrup­tion betroffen sind oder ob ihnen dahingehend eine Chance entgeht“. Er warnt beim Thema Digi­talisierung vor Überreaktionen.

Grundsätzlich muss nach Ansicht Keménys jeder Zulieferer analysieren, ob bei ihm eine Digi­talisierung von Produkten und ­Geschäftsprozessen infrage kommt. „Ein Mittelständler muss genau prüfen, ob er überhaupt ­Produktionsprozesse hat, die sich automatisieren beziehungsweise digitalisieren lassen, um einen ­betriebswirtschaftlichen Effekt zu­erzielen.“ Wenn das nicht der Fall ist, brauche das Unternehmen über eine weitergehende Digita­lisierung erst gar nicht nachzu­denken.

Ein Aspekt, den auch Rupert Stuffer, Vorstand der Collaboration Factory, betont. „Nicht jedes Produkt hat das gleiche Potenzial, über eine Digitalisierung intelligenter zu werden“, sagt Stuffer.

Stuffer, seit mehr als 25 Jahren Experte für das Management komplexer Probleme, favorisiert eine Kombination von Beratung und Unterstützung mit Tools wie der Projektmanagementsoftware „cplace“.

Produktkonzepte, Prozesse und Tools müssen laut Stuffer agil auf die neuen Herausforderungen adaptiert werden. „Wir behaupten nicht, jetzt kommt der Berater, macht ein schlaues Konzept und es geschieht ein Wunder.“

Lesen Sie auch:

Erhebung der IG-Metall: Viele Zulieferer noch nicht auf den Wandel eingestellt

Industrie 4.0: "Verharren im Kerngeschäft ist die größte Bedrohung"

Studie: E-Mobilität könnte 50 Prozent der vom Diesel bedrohten Arbeitsplätze ersetzen

Im Datencenter: Die Top 100 Zulieferer weltweit