Die Zukunft der Mobilitätsentwicklung trägt einen Kühlmantel und läuft sich erst bei unvorstellbaren tiefen Temperaturen warm. Das zumindest ist dieÜberzeugung von Martin Hofmann. Er ist der IT-Chef im VW-Konzern und setzt wie seine Kollegen bei der Konkurrenz große Hoffnungen in das sogenannteQuantencomputing. Mit Partnern wie Google, IBM oder D-Wave werden komplexe Szenarien und Simulationen berechnet. Auch das maschinelle Lernen profitiert von den Quantencomputern. „Das wird die Beschleunigungsspur für alle Zukunftsthemen“, sagt Hofmann.
„Das intelligente, vernetzte Auto der Zukunft braucht Rechenleistung, die heute nicht zur Verfügung steht“, pflichtet ihm Ola Källenius bei. Daimlers Entwicklungsvorstand denkt dabei nicht nur ans autonome Fahren und die Echtzeit-Kommunikation unter Tausenden von Fahrzeugen, etwa für die Routenplanung von Lieferflotten oder Robotaxis. Es geht auch um Simulationen und Prozesse in Entwicklung und Produktion. Selbst dem Elektroauto könnten Quantencomputer auf die Sprünge helfen, weil mit ihnen Materialstrukturen für besonders leistungsstarke Akkus entwickelt werden könnten.
Für all das braucht es Computer, die große Datenmengen schneller verarbeiten. Sie setzen dabei nichtmehr allein auf den Zustand „0“ oder „1“, sondern lassen auch Zwischenpositionen und Überlagerungen zu und arbeiten damit vielschichtiger. Statt in einem Irrgarten einen Ausweg nach demanderen zu überprüfen, würde ein Quantencomputer gleichzeitig alle Ausgänge untersuchen und so schneller ans Ziel kommen.
Die Rechenleistung des von VW eingesetzten Modells 2000Q ist so gewaltig, dass er eine Aufgabe, die ein MacBook Pro in 30 Minuten absolviert, in nur fünf Sekunden erledigt. Doch dafür braucht es eine besondere Arbeitsumgebung: 15 Millikelvin, eine Temperatur 180-mal niedriger als im Weltraum, benötigt etwa der raumfüllende Rechner, mit dem VW seit einem Jahr experimentiert.
Die Technologie steht zwar noch am Anfang, doch ihre Möglichkeiten sind unbestritten, sagt Daimler-Digitalchef Jan Brecht: „Quantencomputing hat das Potenzial, die gesamte IT-Branche zu revolutionieren – und damit auch alle anderen Industriebereiche.“Lesen Sie auch:
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