Die Van-Sparte war zuletzt das Sorgenkind des Daimler-Konzerns. Marcus Breitschwerdt will schnell zurück zu einer Rendite von acht Prozent.
Herr Breitschwerdt, Sie haben gerade 1800 E-Transporter an Amazon verkauft. Ist das der Durchbruch für die Elektromobilität bei Mercedes?
Es ist der größte Auftrag für vollelektrische Vans, den wir bislang bekommen haben, und das zeigt, dass wir mit unseren Produkten gut unterwegs sind und Kunden überzeugen. Und wir sind der einzige Hersteller weltweit, der derzeit in diesem Umfang liefern kann. Natürlich sind Anbieter für die Logistik der letzten Meile prädestiniert für rein elektrische Transporter, da die Reichweiten bestens passen und das Laden am Umschlagplatz meist kein Problem ist.
Welche Branche kommt dann?
Wir sehen bei kleineren Kunden eine wachsende Nachfrage. Gerade im Handwerker- und Service- Bereich wird das Thema Elektromobilität durchaus präsenter. Mit den gesteigerten Reichweiten im Vito Tourer oder auch unserem EQV werden die vollelektrischen Produkte auch für den Bereich der Personenbeförderung immer interessanter. Eine weitere Einsatzmöglichkeit sind die Wohnmobile. Hier sehen wir generell großes Potenzial. Viele Kunden streben hier nach nachhaltigen Lösungen.
Verdienen Sie mit einem elektrischen Transporter Geld?
Wir verdienen Geld, aber natürlich nicht so viel wie bei einem Verbrenner-Modell. Noch nicht. Es geht darum, in der Anlaufphase ein Stück weit die neue Technologie mit der alten zu finanzieren, was nicht trivial ist. Denn in unserem Geschäft sind die Zyklen länger und die Investitionen für Entwicklung und Industrialisierung gerade am Anfang sehr hoch.
Gewinne gab es bei den Vans schon länger nicht mehr.
Wir hatten im vergangenen Jahr viele Einmaleffekte, beispielsweise aus der Dieselthematik oder Anlaufschwierigkeiten in den USA. Dazu kam die Einstellung der X-Klasse. Wenn solche Themen zu einem Zeitpunkt hoher Investitionen kommen, dann ergibt sich ein schiefes Bild. Aber ich kann Ihnen versichern, dass wir gegengesteuert haben und in absehbarer Zeit wieder bei einer Rendite von mehr als acht Prozent sein werden.
Sie haben ein umfangreiches Sparprogramm aufgesetzt. Wie weit sind Sie da?
Wir kommen gut voran und konzentrieren uns auf die richtigen Dinge, haben Altlasten beseitigt. Dazu zählt neben der X-Klasse auch, dass wir den Sprinter in den USA nur noch unter der Marke Mercedes-Benz und nicht mehr als Freightliner verkaufen. Wir verfolgen mit maximaler Konsequenz anspruchsvolle Zielsetzungen wie die Verringerung der Produktionsstunden pro Fahrzeug um rund ein Fünftel und insgesamt 15 Prozent mehr Effizienz quer über alle Bereiche hinweg. Wir prüfen sehr genau alle Ausgaben.
Wie sehr wirkt sich Corona auf den Absatz aus?
Wir sind bei den Stückzahlen bereits jetzt in den USA und China über Vorjahr. In China produzieren wir in unserem Joint-Venture-Werk erfolgreich die V-Klasse. Die Bedeutung dieser beiden Märkte ist für die Van-Sparte natürlich nicht vergleichbar mit der für den Pkw. In Europa sieht es noch nicht so gut aus. Insgesamt sind wir zum Juli bei einem Minus von 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Ich bin zuversichtlich, dass wir da noch aufholen können. Aber das hängt von der weltweiten Entwicklung der Pandemie und der Wirtschaftslage ab.
Gibt es Pläne, das Engagement in China zu verstärken?
Bezogen auf gewerbliche Nutzfahrzeuge sagen alle, das ist kein Markt für einen Hersteller wie uns. Das wurde lange Zeit auch über die USA gesagt, weil dort nur sehr einfache Fahrzeuge – quasi „rollende Blechschachteln“ – Pakete ausgeliefert haben. Aber wir haben in Nordamerika sehr intensiv daran gearbeitet, die Marke Mercedes-Benz populär zu machen. Ich bin überzeugt davon, dass mit zunehmendem Wohlstand auch in China ein Sprinter oder Vito im Lieferverkehr seinen Platz finden kann. Deshalb schließe ich die weitere Globalisierung nicht aus.
Welche Rolle für die Zukunft spielt der Kastenwagen Citan?
Wir sehen großes Potenzial im Bereich der Small Vans. Wir wollen den Citan nicht nur als Handwerker- und Lieferwagen positionieren, sondern unter dem Namen T-Klasse auch als familientauglichen Lifestyle-Van. Das ist uns im Midsize-Segment mit Vito und V-Klasse bereits sehr erfolgreich gelungen. Wir können es uns nicht leisten, auf Dauer in diesem Segment nicht präsent zu sein, auch wenn wir als Premiumanbieter anders als der Wettbewerb nicht auf maximales Volumen aus sind. Dafür haben wir das richtige Produkt mit eindeutiger Mercedes-DNA.
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