Die Kfz-Werkstattbranche wird von mehreren Entwicklungen durcheinandergewirbelt: Online-Werkstätten drängen auf den Markt, Hightech-Elektronik macht die Autos immer komplizierter, Digitalisierung und Elektrifizierung erfordern einerseits Investitionen und lassen andererseits Geschäftsfelder wegbrechen.
Gerd Heinemann, Geschäftsführer der auf den Automobil-Aftermarket spezialisierten Unternehmensberatung BBE, antwortet im Automobilwoche-Interview auf die drängenden Fragen zu dem Thema.
Herr Heinemann, können alle Werkstätten den Wandel meistern – und wenn ja: wie?
Es ist davon auszugehen, dass nicht alle Werkstätten diesen Wandel meistern werden. Gefährdet sind vor allem die kleinen undnicht organisierten Betriebe. Doch niemand muss in Panik geraten, der Markt mit einem Volumen von 31,55 Milliarden Euro zuEndverbraucherpreisen ohne Mehrwertsteuer ist da und wird auf absehbare Zeit stabil bleiben.
Was können Kfz-Werkstätten konkret tun?
Für Servicebetriebe wird es künftig entscheidend sein, eine digitale Transformation zu vollziehen und sich an entsprechende Systeme und Plattformen anzudocken. Die Kunden agieren immer digitaler, also müssen auch die Kanäle, Kunden- und Serviceprozesse immer digitaler werden.
Welche neuen Geschäftsmodelle sehen Sie mit Blick auf den eingangs skizzierten Wandel?
2020 wird der Anteil vernetzter Fahrzeuge voraussichtlich 49 Prozent und 2025 etwa 69 Prozent betragen. Sobald laufend Echtzeit-Informationen über den Fahrzeugzustand mobil und online zur Verfügung stehen, können entsprechend ausgerüstete Fahrzeuge auf ganz neue Art und Weise gewartet und repariert werden. Realtime-Ferndiagnose, Predictive Maintenance, Online-Updates oder Online-Nachrüstung sind nur einige Schlagwörter, die in diesem Zusammenhang genannt werden können.
Woran hapert es vor allem in der Werkstattbranche? An qualifizierten Fachkräften, an Investitionsbereitschaft oder an sicheren Vorhersagen, wie sich der Markt tatsächlich entwickeln wird?
Alle drei Faktoren sind relevant für die Werkstattbranche. Fachkräftemangel ist ein sehr großes Problem, gerade die kleineren Werkstätten leiden darunter, da ihr Außeneindruck für viele jüngere Mitarbeiter wenig „cool“ ist. Eine Porsche-
Vertragswerkstatt tut sich da imagemäßig leichter.Was bedeutet es für Handels- und Servicebetriebe, wenn Elektrofahrzeuge in großer Zahl auf den Markt kommen?Die Marktpenetration von Elektroautos hat für den Aftersales-Bereich weitreichende Konsequenzen. Batteriebetriebene Elektroautos sind weniger wartungsintensiv und reparaturanfällig und tragen daher zu einem rückläufigen Wartungs- und Reparaturvolumen bei.
US-Firmen drängen auf den europäischen Kfz-Teilemarkt. Setzt sich diese Entwicklung fort?
Aktuell ist der Konsolidierungs- und Internationalisierungsprozess, der mit Übernahmen und Fusionen einhergeht, noch nicht abgeschlossen. Der Druck, der durch die Verdichtung an der Spitze entsteht, wird an die nachgelagerten Teilehandelsstufen weitergegeben. Die Marktmacht der großen Player wächst.
Das Interview führte Jürgen Pander
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