Neuzulassungen gehen um zwei Prozent zurück

Oberhausen. Im Jul 2016 wurden in Westeuropa nach vorläufigen Veröffentlichungen der jeweiligen nationalen Automobilverbände zirka 1,07 Millionen Pkw neu zugelassen. Dies entspricht einem Minus von etwa zwei Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat.. Damit wurden 24.000 Pkw weniger neu zugelassen als vor einem Jahr. Der Hauptgrund für diesen Rückgang liegt in der geringeren Anzahl an Arbeitstagen. Den stärksten Anteil an diesem Rückgang hatten Frankreich mit einem Minus von 14..000 Neuzulassungen und Deutschland mit einem Rückgang von 11.300 Neuzulassungen. Am positivsten entwickelten sich Spanien (plus 4.400 Neuzulassungen) und Italien mit einem Anstieg von 3.800 Neuzulassungen.

In den ersten sieben Monaten hat sich damit die Nachfrage um 7,1 Prozent erhöht. In diesem Zeitraum wurden 8,58 Millionen neue Pkw auf Westeuropas Straßen gebracht, das beste Ergebnis seit 2008.

In Frankreich wurden im Juli lediglich 133.000 Neuzulassungen registriert. Das sind 9,6 Prozent weniger als vor einem Jahr und das niedrigste Juli-Ergebnis seit 35 Jahren. Dieses Niveau ist sicherlich nicht nur mit der geringeren Anzahl an Arbeitstagen zu begründen, vielmehr scheinen die vermehrten Terrorattacken zumindest kurzfristig Wirkung zu zeigen. Auch wenn die positive Marktdynamik nachgelassen hat, ist die Bilanz mit einem Plus von mehr als sechs Prozent nach sieben Monaten noch sehr positiv.

Deutschland verzeichnete zwar ein Minus von knapp vier Prozent, entwickelt sich aber weiterhin positiver als erwartet. Mit plus 5,4 Prozent und über zwei Millionen Neuzulassungen wurde – abgesehen von 2009, dem Jahr der Verschrottungsprämie – das beste Ergebnis nach sieben Monaten seit 2001 erzielt.

Spanien erreichte mit einem Plus von 4,3 Prozent das beste Ergebnis der fünf großen Märkte. Der letzte Monat der Verschrottungsprämie PIVE 8 hatte einen starken positiven Einfluss auf die Nachfrage. Der bisherige Jahresverlauf brachte ein Plus von 9,4 Prozent und das beste Ergebnis seit 2008. Allerdings lag dieser Wert immer noch 22 Prozent unterhalb des Durchschnitts der ersten sieben Monate der Vorkrisenjahre 2000 bis 2007 und zeigt wie weit die spanische Pkw-Nachfrage noch von dem alten Niveau entfernt ist.

Italien erreichte mit einem Plus von 2,9 Prozent das zweitbeste Ergebnis und setzte damit trotz der immer stärker in die Öffentlichkeit tretenden Bankenkrise die äußerst positive Entwicklung der vergangenen Monate fort. Nach sieben Monaten liegen die Neuzulassungen um knapp 17 Prozent im Plus. Dennoch kann dieses Ergebnis nicht über ein immer noch niedriges Niveau hinwegtäuschen: Die ersten sieben Monate lagen trotz des hohen Wachstums noch 23 Prozent unter einem durchschnittlichen Vergleichszeitraum der Vorkrisenjahren 2000 bis 2007.

In Großbritannien blieb die Nachfrage im Juli in etwa auf dem Niveau des Vorjahresmonats. An den Gesamtmarktzahlen lässt sich noch kein Effekt der Pro-Brexit-Abstimmung erkennen. Nach sieben Monaten präsentiert sich dort die Pkw-Nachfrage immer noch auf dem höchsten Stand aller Zeiten. Allerdings gibt es deutliche Anzeichen der Eintrübung: Die privaten Neuzulassungen waren bis März diesen Jahres der positive Treiber der gesamten Nachfrage und lagen nach drei Monaten um fast 13 Prozent im Plus. Seit April ist diese private Nachfrage allerdings rückläufig und erhielt im vergangenen Monat mit minus sechs Prozent den bisher stärksten Dämpfer. Außerdem wurden in den letzten Zulassungstagen des Juli außergewöhnliche hohe Zulassungen verzeichnet, die auf massive Marketingmaßnahmen hindeuten. Ohne diese wären die die Neuzulassungen deutlich ins Minus gerutscht.

In den fünf großen Märkt gingen die gesamten Neuzulassungen in Summe um zwei Prozent zurück. Die Nachfrage nach VW-Modellen sank dagegen um fast 14 Prozent. Die größten Verluste mussten in Spanien hingenommen werden. Dort gingen die Neuzulassungen von VW um fast 26 Prozent zurück, bei einem Gesamtmarktplus von 4,3 Prozent. Der Marktanteil fiel auf 6,6 Prozent, in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres lag er bei durchschnittlich 8,8 Prozent.

In Frankreich, Deutschland und Großbritannien setzte sich die negativere Entwicklung der vergangenen Monate für Volkswagen fort. In Italien zeigte sich die Marke bis einschließlich Juni relativ robust und wies kaum Schwankungen in der Marktanteilsentwicklung auf. Der Juli verlief mit minus 8,1 Prozent allerdings nicht so gut und der Marktanteil lag erstmalig deutlich unter dem Niveau von Januar bis September 2015, dem Zeitraum vor der Diskussion um die Abgaswerte einiger VW-Motoren.

Die ganz großen Turbulenzen nach der Pro-Brexit-Entscheidung sind bisher ausgeblieben. Die Börsenkurse haben sich wieder erholt, der Leitindex der Londoner Börse liegt sogar über dem Niveau von vor dem Referendum. Der Kurs des Britischen Pfunds zum Euro liegt allerdings aktuell immer noch acht Prozent tiefer.

In den Vertrauensindizes der EU sind für Juli zwar Ausschläge nach unten zu beobachten, die stärksten in Großbritannien, allerdings sind die Effekte geringer als von vielen ursprünglich angenommen worden war.

Die negativen Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung werden von den Wirtschaftsforschungsinstituten sehr unterschiedlich gesehen. Im Allgemeinen erwarten sie für die Handelspartner Großbritanniens leichte bis mittlere Eintrübungen im Wirtschaftswachstum, für Großbritannien wird allerdings eine Entwicklung erwartet, die nur knapp an einer Rezession in 2017 vorbeigehen wird.

Trotz aller vorhandenen Probleme und Risiken werden die Neuzulassungen inWesteuropa in diesem Jahr noch einmal deutlich steigen. Die Dynamik einiger großer Märkte und deren Nachholbedarf aus den niedrigen Zulassungen der vergangenen Jahre werden für einen dynamischen Anstieg sorgen. In erster Linie trifft dies für Italien und Spanien zu, die noch deutlich unterhalb ihres Vorkrisenniveaus liegen. Zwar läuft ist in Spanien die Verschrottungsprämie Ende Juli ausgelaufen, aber die grundlegende Marktdynamik ist sehr hoch. Außerdem haben vergangene Verschrottungsprämien in anderen Ländern gezeigt, dass der negative Effekt nach dem Auslaufen immer geringer ist als ursprünglich angenommen wurde. Die Anbieter werden dann versuchen, diese Effekte zu kompensieren, sodass die Neuzulassungen dieses Jahr um 6,4 Prozent auf zirka 1,1 Millionen Pkw ansteigen.

Für Italien werden dieses Jahr über 1,8 Millionen Neuzulassungen erwartet, ein Plus von 14,9 Prozent oder 235.000 Pkw. Damit wird Italien den höchsten Beitrag zum gesamten Wachstum der westeuropäischen Pkw-Nachfrage leisten. Trotz dieser Entwicklung werden dann die Neuzulassungen noch knapp 23 Prozent unterhalb des Vorkrisenniveaus liegen. Hier nimmt allerdings das Risiko einer schwächeren Entwicklung aufgrund der Bankenkrise deutlich zu.

In Deutschland werden die Neuzulassungen dieses Jahr um 160.000 auf 3,365 Millionen Pkw steigen, ein Plus von fünf Prozent. Zwar ist damit das Vorkrisenniveau bereits wieder erreicht, es bleibt aber weiterhin ein deutlicher Nachholbedarf aus den vergangenen schwachen Jahren.

Frankreich wird volumenmäßig aufgrund der aktuellen Probleme etwas schwächer wachsen als Deutschland. Die Neuzulassungen werden 2,02 Millionen Pkw erreichen, ein Plus von 5,4 Prozent.

In Großbritannien bleibt nur eins sicher: Eine zunehmende Unsicherheit. Vor dem Referendum war wegen des bereits erreichten Niveaus nur mit einem leichten Plus gerechnet worden. Die Entscheidung für den Brexit hat zwar im Juli noch zu keinem Einbruch der Neuzulassungen geführt, die stark rückläufige private Nachfrage ist aber ein deutliches Warnsignal. Zusätzlich zu der Verunsicherung der Verbraucher kommt der Druck auf die Hersteller, die Preise aufgrund der Abwertung des Pfunds anpassen zu müssen. Es ist aber davon auszugehen, dass dies nicht vor dem zulassungsstarken Monat September geschehen wird. Die Automobilwoche geht zum jetzigen Zeitpunkt für das Gesamtjahr von einem leichten Rückgang auf 2,62 Millionen Neuzulassungen aus. Allerdings ist bereits jetzt absehbar, dass im nächsten Jahr die Verunsicherung weiter zunehmen wird und es dann zusätzlich zu Preiserhöhungen aufgrund der Abwertung des Pfunds kommen wird. Die Hersteller werden sich somit für 2017 auf einen deutlichen, zweistelligen Rückgang der Nachfrage in Großbritannien einstellen müssen.

Für die übrigen westeuropäischen Pkw-Märkte werden für das laufende Jahr noch keine negativen Effekte unterstellt. Allerdings werden sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen Kontinentaleuropas für nächstes Jahr sicherlich ebenfalls verschlechtern.

Für 2016 erwartet die Automobilwoche zirka 13,845 Millionen Neuzulassungen in gesamt Westeuropa, ein Plus von knapp fünf Prozent oder 644..000 Pkw gegenüber dem Vorjahr. Das Potenzial für weiteres Wachstum bei den westeuropäischen Neuzulassungen wäre auf jeden Fall gegeben: Selbst die prognostizierten 13,845 Millionen liegen noch über fünf Prozent unter den durchschnittlichen Neuzulassungen der Jahre 2000 bis 2007. Allerdings ist für Westeuropa in Summe aufgrund der jüngsten Entwicklung ein Rückgang der Pkw-Nachfrage in 2017 wahrscheinlicher geworden.