Neues Denken mit neuen Teams

Noch vor wenigen Jahren steckte Volvo Cars gefangen in einer schwierigen Sandwichposition zwischen edlen Luxusmarken und günstigeren Volumenmarken. Volvo hatte sich eingerichtet in einem schwedischen Kokon aus Gemächlichkeit und Ahnungslosigkeit über die aggressiven Wettbewerber weltweit.

Dann kam mit dem neuen Eigentümer Geely ein Mann an die Spitze, der polarisierte, der aber auch die Weichen neu stellte: Der frühere VW-Manager Stefan Jacoby brach mit vielen Gewohnheiten, hielt den Führungskräften den Spiegel vor. Und genau das war nötig. Jacoby wollte Volvo Cars in hohem Tempo auf Premium trimmen. Gelingen konnte das nur mit einer radikal neuen Mannschaft.

Großen Anteil daran hatte eine von Jacoby eingerichtete „Catalyst Group“ aus 30 jungen Leuten, die anderen Teams zeigten, wie Strukturen verschlankt werden. 300 Führungskräfte erhielten außerdem persönliche Coaches mit dem Auftrag „Change Management." Im Rückblick gelten Jacobys Methoden als rüde, sein Top-Down-Stil als überholt. Doch die Neuerfindung von Volvo gelang.

Jacobys Nachfolger Hakan Samuelsson hält an der Ausrichtung Premium und Innovationskultur fest, agiert jedoch versöhnlicher. Er spricht regelmäßig in Live-Chats mit einer großen Zahl von Mitarbeitern. Zur Seite stand Samuelsson in den Aufbaujahren der damalige Personalchef Björn Sällstorm. Er heuerte Leute von Google und Nokia an sowie Talente aus der Modebranche und von digtalen Start-ups. Zwischen 2011 und 2015 starteten bei dem vergleichsweise kleinen Autobauer 3000 neue Entwickler und Ingenieure.

Das Experiment ist gelungen. Im Hauptquartier in Göteborg herrscht heute Campus-Atmosphäre, Unternehmergeist weht durch die Abteilungen. Entscheidungen wie die Beschränkung auf Vierzylindermotoren, das breite Ausrollen von Abo-Modellen oder die Ankündigung, ab 2020 nur noch Neuwagen mit Tempolimit 180 auszuliefern, zeugen von der Fähigkeit, neu Denken zu können.

Dieser Text ist Teil der Serie 100 Digital Leaders Automotive:

Hier stellt die Redaktion der Automobilwoche mit Unterstützung der Unternehmensberatung PwC insgesamt 100 Top-Unternehmen vor, die bei der Digitalisierung der Automobilbranche eine führende Rolle spielen.

Dieser Artikel ist Teil der fünften Folge, in der Unternehmen präsentiert werden, die agiler Organisation die Nase vorn haben.

Zur Gesamtübersicht aller 100 Unternehmen (wird fortlaufend ergänzt):

Automobilwoche.de/100digitalleaders