Machtspiele in Wolfsburg

Der VW-Konzern ist zurzeit so etwas wie ein Adventskalender. Jeden Morgen geht ein Türchen auf mit einer neuen Überraschung. Doch was da ans Licht kommt, ist kein kleines, süßes Geschenk, sondern Teil bittersaurer Machtkämpfe und Personalquerelen.

Gleich am ersten Dezember ging es los mit einer Präsidiumssitzung des Aufsichtsrats, um Personalien bis hin zu VW-Chef Herbert Diess zu diskutieren. Im Frühsommer war es zum Eklat gekommen, als Diess Aufsichtsräten dem Vernehmen nach Rechtsverstöße vorwarf. Er musste sich entschuldigen. Auch ist angeblich Diess' Vertragsverlängerung ein Thema, wobei sein aktuelles Arbeitspapier noch bis April 2023 läuft. Warum die Eile?

Vordergründig geht es darum, vom Betriebsrat blockierte Personalien durchzuboxen. Doch wichtiger ist ihm diesymbolische Wirkung: Diess, seit 2018 Vorstandschef, steht für den Aufbruch in neue Zeiten und dasAufbrecheninterner, verkrusteter Strukturen – und das würde mit einer vorzeitigen Vertragsverlängerung verstetigt werden.

Umgekehrt heißt das: Müsste Diess gehen, hättedas Gestern gewonnen. Der VW-Boss trifft im Aufsichtsrat auf ein komplexes Gebilde aus Land Niedersachsen, den Familien sowie mit BetriebsratschefBernd Osterlohauf jemanden, der Machtausübung als Frühsport begreift.

Gern würde Diess durchregieren wie einElon Musk. Der Tesla-Chef stört sich nicht an der Existenz von Gewerkschaften, sie sind ihm schlicht egal. Das geht aber in Deutschland nicht – und schon gar nicht in Wolfsburg. Warum die Parteien im Kontrollgremium so oft aneinandergeraten, hat mit strategischen und personellen Fragen zu tun. Doch dahinter scheinenMachtansprüche, Eitelkeiten und Egotripswie eh und je zu stehen.

Man muss sich Ende 2020 fragen, ob das Versprechen eines Kulturwandels nach dem Dieselskandal wirklich eingelöst worden ist. Noch ist VW zu sehrHollywood AG.

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