Lieber Fahrfreude als die Welt retten

Paris. Guillaume Berthier könnte sich zurücklehnen und genüsslich auf die stetig wachsenden Verkaufszahlen der Elektroautos von Renault blicken. Schließlich ist Renault in Europa mit 27 Prozent Marktanteil mit Abstand führend bei rein batterieelektrischen Pkw und Nutzfahrzeugen. In Frankreich ist gar jedes zweite E-Auto ein Renault.

Fünf Jahre nach dem Start des ersten E-Autos von Renault, dem Fluence Z.E., hat Renault im September sein 100.000. Elektro­fahrzeug in Europa verkauft. Es war ein Zoe, das meistverkaufte E-Auto in Europa.

Doch Berthier, Verkaufs- und Marketingchef der Elektrosparte von Renault, ist „niemals ganz zufrieden“, wie er eingesteht. Dabei zitiert er den Namen des ersten Elektroautos der Welt, das die Schwelle von 100 km/h erreichte: das raketenähnliche Vehikel „La Jamais Contente“ – „Die nie Zufriedene“ – aus dem Jahr 1899.

„Wir erleben zurzeit einen Wandel in den Köpfen der Autofahrer“, sagt Berthier. „Elektromobilität wird von einem eher exotischen Antrieb für Technikbegeisterte zu einem vernünftigen Antrieb für den Alltagsfahrer.“

Renault sieht hier die Chance, seine Führung weiter auszubauen: „Wir sind kein Hersteller von Nischenfahrzeugen, und das gilt auch für die Elektromobilität. Unsere Fahrzeuge müssen einen ­erschwinglichen Preis haben. Deshalb erhöhen wir auch nicht beliebig die Kapazität der Batterie. Das würde die Autos zu kostspielig machen.“

Renault habe einen großen ­Vorteil im Geschäft mit der Elek­tromobilität, sagt Berthier: „Wir haben eine lange Erfahrung auf Basis zahlreicher ausgelieferter Fahrzeuge. Unsere Elektroautos fahren mit derselben Batterie­kapazität weiter als alle Wett­bewerber. Das ist ein Vorsprung, den wir nicht mehr hergeben wollen.“

Mit der deutlichen Verbesserung der Batterie im Zoe (Automobilwoche 21/2016) und einer NEFZ-Reichweite von 400 Kilometern werde das E-Auto für ganz neue Kundengruppen interessant, hofft Berthier. „Vergessen Sie das Thema Reichweite – es ist keines mehr. Jetzt wird das E-Auto auch für die zahlenmäßig weit größere Gruppe von Autofahrern interessant, die noch Bedenken beim elektrischen Fahren hatte.“

Zudem würden sich neue Zielgruppen öffnen, weil es den Käufern nicht mehr nur um Ökologie gehe. „Keiner kauft ein Elektro­auto, um den Planeten zu retten. Jetzt rückt die Fahrfreude in den Vordergrund, ein Thema, das wir auch mit unserer Beteiligung an der Rennserie Formel E herausstellen.“

In Frankreich steigt das Interesse am E-Auto seit der Einführung hoher staatlicher Verkaufsprämien. Der Öko-Bonus für rein elek­trische Fahrzeuge liegt derzeit bei 6300 Euro. Wer ein Dieselfahrzeug mit Zulassung vor 2006 verschrottet, erhält zusätzlich 3700 Euro. Einzelne Kommunen legen noch etwas drauf, die Stadt Paris derzeit 5000 Euro.

Dieses Umfeld will Berthier nun verstärkt für Marketingaktionen nutzen. „Wir sind sehr aktiv in den sozialen Netzwerken, wo sich ohnehin viele Botschafter der E-Mobilität tummeln.“

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