München. Die Schlagzeilen hätten widersprüchlicher nicht sein können: "Autokäufer meiden das Internet“, schrieb das "Handelsblatt“ am Donnerstag vergangener Woche, während die "Financial Times Deutschland“ titelte: "Autokäufer verlangen nach Webshops“. Zunächst mal ist ja durchaus erfreulich, dass man in der Presselandschaft noch unterschiedliche Meinungen findet – wenn auch nur auf diesem Spezialgebiet. In zentralen Fragen von Atomausstieg bis Griechenlandhilfe muss man ja schon den Eindruck gewinnen, es gebe in Deutschland eine Art staatstragende Einheitspresse: Widerspruch wird nicht geduldet.
Was die Frage des Autohandels im Internet angeht, berufen sich beide Blätter auf die gleiche Quelle, eine Umfrage der Unternehmensberatung Capgemini. Nur schreibt die "FTD“, dass immerhin 42 Prozent der Kunden weltweit bereit wären, ihr nächstes Auto im Internet zu kaufen, während das Handelsblatt betont, für fast 60 Prozent der Kunden sei noch immer das Autohaus die wichtigste Informationsquelle. Vielleicht hat Friedrich Nietzsche ja Recht, wenn er sagt, es gebe keine Wahrheit, sondern nur Interpretationen. Nun, ein paar unumstößliche Tatsachen zum Thema Autohandel im Internet gibt es schon. So ist das World Wide Web zweifellos zu einer wichtigen Informationsquelle beim Neuwagenkauf geworden. Doch ob tatsächlich viele Menschen bereit sind, im Durchschnitt immerhin mehr als 20.000 Euro für ein neues Auto auszugeben, ohne es ein einziges Mal angefasst, ohne drin gesessen, ohne eine Probefahrt gemacht zu haben, das muss bezweifelt werden.
Alle Projekte, von Opel über Seat bis Mini, Neuwagen direkt im Internet zu verkaufen, sind nicht über das Versuchsstadium hinausgekommen. Die Stückzahlen der so abgesetzten Autos blieben sehr überschaubar. Und selbst diese Kunden hatten sich zumeist im Autohaus informiert, bevor sie sich im Internet den günstigen Kaufpreis (den sie womöglich auch im Autohaus bekommen hätten) gesichert haben. So ist auch bei 46 Prozent der befragten der Preis der Hauptgrund für den Kauf im Internet. Eine Testfahrt hätten sie dennoch gern gemacht. Der Autohandel kann also beruhigt sein. Übrigens: Solange selbst eine Computermarke wie Apple eigene Shops betreibt, müssen sich die Autohäuser keine allzu großen Sorgen machen.