Hans-Jochen Luhmann ist einer der bekanntesten Umwelt- und Klimaforscher Deutschlands. Er hat sich tief in das Thema Dieselgate eingearbeitet.
Herr Luhmann, Sie kritisieren das Typzulassungsverfahren für neue Pkw in Europa scharf. Was hat da nicht funktioniert?
Ich folge lediglich dem Ergebnis des EMIS-Untersuchungsausschusses des Europäischen Parlaments zum Pkw-Abgasfall. Es fand eine Nichtumsetzung derEU-Regelungen durch die nationalen Zulassungsbehörden statt. Die funktionieren im Nichtstun wie ein Kartell. Man kann hier von einer Kumpanei von Staat und Herstellern zulasten Dritter sprechen.
Ein harter Vorwurf. Wie begründen Sie ihn?
Ursächlich war die Organisation der Typzulassung in der EU. Die war und ist unprofessionell. Eingeführt wurde sie mit der Vollendung des EU-Binnenmarkts, der damaligen Politik der "New Regulation". Statt eine EU-weit abgestimmte Regulierung einzuführen, verfiel man auf die Billiglösung: Eine Zulassung in einem Mitgliedsland gilt seither als Zulassung für die gesamte EU. Das hat zu einem Wettbewerb der Behörden geführt, die Laxheit der Zulassungshürden wurde Wettbewerbsparameter. So kam es, dass Länder ohne jede Autoindustrie wie Malta oder Luxemburg inzwischen rund 30 Prozent aller Typzulassungen in der EU an sich ziehen konnten.