König der Kombis

Malaga. Wer Volvos Entwicklungschef Peter Mertens auf die Vierzylinder-Strategie anspricht, die untrennbar mit der neuen Fahrzeugarchitektur SPA verbunden ist, erntet leicht eine Salve an Argumenten. „Einen Volvo-Fahrer interessiert nicht die Anzahl der Zylinder, er gehört der höchsten Bildungsgruppe an und ist selbstbewusst genug, einen Vierzylinder zu fahren“, sagte Mertens jüngst auf der Fahrpräsentation der neuen S90/V90-Baureihe in Südspanien. „Sollen die anderen doch ruhig ihre Sechs- und Achtzylinder anbieten, wir machen das nicht. Dafür kann ich garantieren, dass Volvo 2020 seinen europäischen CO2-Flottenausstoß schaffen wird“, so der Entwicklungs-Ingenieur.

Dass Volvo mit dem Downsizing richtig liegt, zeigen die Absatzzahlen des XC90. Das große SUV übertraf selbst die internen Erwartungen deutlich, verkauft sich fast 100.000 Mal pro Jahr. „Wir produzieren in drei Schichten sogar am Wochenende“, sagt Mertens. Selbst die achtzylinderverwöhnten Amerikaner stören sich nicht am kleinen Motor. Ausschlaggebend für den Kauf ist das klar Design des XC90.

Gleiches dürfte für den V90 gelten, optisch derzeit der wohl schönste Kombi in der Business-Class. Verantwortlich dafür zeichnet der 51-jährige Thomas Ingenlath, einst bei Audi, VW und Skoda in Diensten. „Wir haben eine lange Tradition mit Kombis“, sagt Ingenlath. Erinnert sei nur an den „Duett“ vor 63 Jahren oder den eleganten „Schneewittchensarg“ P1800 ES. An diesen erinnert der V90 ein wenig bei den Proportionen, der Fenstergrafik und dem schrägen Heck.

Wie der XC90 so basiert auch der V90 sowie die Limousine S90 auf der Scalable Production Architecture SPA. Zum Einsatz kommen ausschließlich quer eingebaute Vierzylinder-Motoren mit zwei Litern Hubraum. Diesel und Benziner sind in vielen Teilen baugleich, haben identische Abmessungen und werden auf ein und derselben Linie gefertigt. Demnächst kommt noch ein 1,5-Liter-Dreizylinder-Benziner hinzu. Er dient vor allem der kleineren 40er-Baureihe, die auf der neuen CMA-Architektur steht und 2018 erneuert wird. Mertens denkt auch über den Einsatz des Dreizylinders in der nächsten 60er-Baureihe (ab 2017) nach und schließt nicht einmal aus, ihn im V90 einzubauen. Hier allerdings in Verbindung mit einem Plug-in-Antrieb.

Zur Markteinführung des S90 Ende Juli und des V90 Ende September hat der Kunde die Wahl zwischen den zwei Benzinern T5 (254 PS, ab 53.000 Euro) und T6 (320 PS, ab 60.600 Euro). Ihren Anteil in Deutschland schätz Volvo auf unter zehn Prozent. Die Volumenmotorisierungen bilden die beiden Diesel D4 (190 PS, ab 45.800 Euro) und D5 (235 PS, ab 57.500 Euro). Für Letzteren setzt Volvo erstmals einen Luftkompressor (Power Puls) ein, der den Turbos frühen Druck ermöglicht und dem Wagen eine bessere Elastizität.

Alle Motoren sind mit einer Achtgang-Automatik von Aisin gekoppelt. Im Herbst will Volvo den T5 und den D4 auch mit einem manuellen Sechsganggetriebe anbieten. Zum Ende des Jahres ist mit dem Plug-in-Hybrid T8 (407 PS) zu rechnen, der es auf eine elektrische Reichweite von 45 Kilometer bringen soll.

Wie gut die Teilstromer-Technik beim Kunden ankommt, zeigt auch hier der XC90. „Wir haben einen weltweiten Anteil von 20 Prozent“ sagt Vorstandschef Hakan Samuelsson.

Die großzügigen Außenabmessungen (Länge 4,94 Meter) verfehlen innen ihre Wirkung nicht. Das Raumangebot ist üppig, auch auf den Rücksitzen. An Gepäck schluckt der schöne Schwede mindestens 560 Liter. Liegen die Sitzlehnen flach passen allerdings nur 1526 Liter hinein, das ist deutlich weniger als die Mercedes E-Klasse zu bieten hat. Ein Tribut ans Design.

Weltweit rechnet Volvo bei der Baureihe 90 mit einem Mix aus Limousine zu Kombi von 50:50, in Europa von 10:90. Liefern will man den Kombi sogar nach China, anfänglich auch die Limousine. Zumindest so lange, bis die Produktion des im Radstand verlängerten S90-Modells in Daqing beginnt. Dies soll zum Ende des Jahres passieren.