Keine Zeit für Verlierer

Geht es um die reinen Zahlen, kann man Carlos Tavares nicht widersprechen: Wenn PSA und FCA sich vereinen, entsteht der viertgrößte Autokonzern der Welt mit 8,7 Millionen Fahrzeugen pro Jahr, einem Umsatz von rund 170 Milliarden Euro und einem Gewinn von zuletzt elf Milliarden Euro. Das ist eine gute Ausgangslage, um die Milliardeninvestitionen in die Elektromobilität und ins autonome Fahren stemmen zu können.

Der Meister der Effizienz hat mit der rasanten Sanierung von Opel bewiesen, dass er schwer kranke Patienten heilen kann. Doch die neue Aufgabe ist um ein Vielfaches komplexer. Zudem fällt das Zusammengehen in eine Phase abflachender Autokonjunktur und technologischer Umbrüche. Jede Menge Stoff für eine turbulente Ehe.

Den Investoren zumindest ist nicht nach einer neuen "Hochzeit im Himmel" zumute. Seit der Ankündigung der Fusionspläne Ende Oktober legte die FCA-Aktie zwar um 16 Prozent zu – die PSA-Papiere dagegen verloren rund zehn Prozent. Das hat einen einfachen Grund: Die beeindruckende Gewinnmarge von PSA von 8,7 Prozent im ersten Halbjahr 2019 wird nach dem Zusammenschluss mit FCA Geschichte sein.

Denn bevor die angekündigten Synergien von jährlich 3,7 Milliarden Euro entstehen können, werden der künftige CEO Carlos Tavares und der designierte Aufsichtsratschef John Elkann eine Schneise durch Werke und Entwicklungsabteilungen schlagen müssen. Zusammengenommen kommen beide Konzerne derzeit auf eine Fertigungskapazität von jährlich 14 Millionen Fahrzeugen – gut fünf Millionen mehr als benötigt.

Um die Überkapazitäten wissen auch die Ehepartner in spe. Sie haben bereits präzisiert, dass vier Fünftel der Synergien erst nach vier Jahren erzielt würden. Zudem sind Einmalkosten von 2,8 Milliarden Euro vorgesehen, die unter anderem für Abfindungen anfallen dürften. Auf kurze und mittlere Sicht verspricht die Fusion somit in erster Linie große Ungewissheit und hohe Restrukturierungskosten.

Langfristig aber soll sich die Fusion auszahlen. Für PSA eröffnet sich ein bislang komplett brachliegender, großer Markt: Nordamerika. Fiat Chrysler wiederum kann sich im gut bestückten Technologie-Regal von PSA bedienen. Dort stehen die beiden hoch variablen, auch elektrisch nutzbaren "Multi-Energy"-Plattformen EMP2 für mittelgroße Fahrzeuge und CMP für kleine Fahrzeuge bereit. Aus dem Umfeld von PSA heißt es bereits, dass künftig zwei Drittel aller PSA/FCA-Fahrzeuge auf den beiden Plattformen stehen dürften. Außen vor sind nur die großen Modelle der US-Marken Dodge, Ram und Jeep.

Für die 14 Marken des fusionierten Konzerns stehen teils große Veränderungen an. Ihre Positionierung und ihre Rolle im neuen Gesamtkonzern werden neu definiert, was insbesondere für Opel und die Schwestermarke Vauxhall nicht einfach werden dürfte.

Am stärksten bedroht ist Lancia. Die einstige italienische Luxusmarke besteht nur noch aus einem Modell, ist nur noch in Italien relevant und hat ein Jahrzehnt des Abstiegs hinter sich. Zudem ist Lancia sehr nahe an der PSA-Marke DS positioniert.

Ungewiss ist auch das Schicksal von Alfa Romeo. Italiens Design-Ikone ist im vergangenen Jahr unter die Schwelle von 100.000 Einheiten gefallen. Um die Marke zu retten, bräuchte es einen milliardenschweren Neustart. Der Racing-Enthusiast Tavares schätzt zwar die sportliche Marke, nicht jedoch ihre Performance.

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Aus dem Datencenter:

Absatz von FCA und PSA 2019