SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz fordert eine steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung, wie es sie in vielen anderen OECD-Staaten schon gibt. Dabei hat Schulz insbesondere die Elektromobilität im Auge, wie er im Interview mit der Automobilwoche sagt. Unter anderem brauche Deutschland eine eigene Batteriezellproduktion, um sich vom Ausland unabhängiger zum machen. Hier seien aber auch die Konzernlenker in der Pflicht, die den Wechsel vom Verbrenner zum E-Motor bisher halbherzig angegangen seien. Fahrverbote lehnt der SPD-Politiker ab.
Herr Schulz, Sie haben sich im Bundestagswahlkampf auf das uralte SPD-Leib-und-Magenthema „Soziale Gerechtigkeit“ eingeschossen. Vergessen Sie dabei die Wirtschaft und die Unternehmen?
Nicht im Geringsten. Gerechtigkeit und wirtschaftlicher Erfolg sind zwei Seiten einer Medaille. Und das sagen nicht nur wir. VonInternationalem Währungsfonds bis zum Weltwirtschaftsforum in Davos hat sich die Überzeugung durchgesetzt, dass soziale Ungerechtigkeit wirtschaftliches Wachstum bremst.Zum Beispiel?
Nehmen Sie Investitionen in Bildung: In Deutschland entscheidet leider immer noch stark die soziale Herkunft und nicht das Talent über die beruflichen Chancen. Das ist nicht nur ungerecht, sondern wir verschenken auch wertvolle Potenziale – Stichwort: Fachkräftemangel. Deshalb sollten wir massiv in Bildung investieren. Ich will, dass der Staat sich verpflichtet, nicht nur die Schuldenbremse einzuhalten, sondern auch eine Mindestdrehzahl an Investitionen zu tätigen.Wo ist Ihr Profil im Wirtschaftsbereich? Was ist hier von der SPD zu erwarten?
Die SPD zeigt klares Profil und macht konkrete Vorschläge. Deutschland geht es gut, das ist klar. Aber Deutschland kann mehr. Wir müssen jetzt investieren in Infrastruktur, in Bildung, in Forschung und Entwicklung, in Zukunftstechnologien.Sie haben da die Elektromobilität im Auge…
Wenn wir nicht gemeinsam mit der Automobilindustrie schnell Anschluss in der E-Mobilität finden, wird es die Branche schwer haben, ihre Stellung auf dem Weltmarkt zu behaupten. Ich will, dass die deutsche Autoindustrie stark bleibt, aber dafür reicht es nicht, die Hände in den Schoß zu legen. Mit unserem Regierungsprogramm und unserem Zukunftsplan für Deutschland sind wir auch im Bereich Wirtschaft sehr gut aufgestellt. Uns geht es um Vorfahrt für Zukunftsinvestitionen, um eine Innovationsallianz für die deutsche Industrie und darum, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen. Wer die Gegenwart nur verwaltet, verspielt die Zukunft.Was bedeutet der SPD der Wirtschafts- und Technologiestandort Deutschland? Ist dieser Punkt einTeil des „Zukunftsplans für Deutschland“?
Ja, klar. Ich werde eine Innovationsallianz für die deutsche Industrie schließen, um bestehende Arbeitsplätze zu sichern und neue zu schaffen. Ein wesentliches Element ist, dass wir endlich eine steuerliche Förderung für Forschung und Entwicklung einführen werden, die in dieser Wahlperiode bedauerlicherweise an CDU-Finanzminister Wolfgang Schäuble gescheitert ist. Genauso gehört für mich dazu, dass wir etwa die Beschäftigten der Automobilindustrie in der Bewältigung des Strukturwandels unterstützen und mithelfen, eine Batteriezellproduktion für Elektrofahrzeuge in Deutschland aufzubauen. Wir wollen zudem einen Digitalisierungsfonds auflegen, der insbesondere Mittelstand und Handwerk zugutekommt.