Jenseits asphaltierter Straßen

Im November 2017 gelang Moritz von Grotthuss auf der Jagd ein Volltreffer. Gemeinsam mit einem Freund war der passionierte Jäger im Thüringer Wald unterwegs. Das Auto blieb an einer Steigung hängen, der schneebedeckte Forstweg bot zu wenig Halt. Hier war Schluss. Doch Glück gehabt: Zwar hatte von Grotthuss am Ende der Nacht keinen kapitalen Hirsch erlegt, aber die Idee für ein Start-up war geboren: Bareways.

Die Lübecker Firma, die Sascha Klement und von Grotthuss gemeinsam gegründet haben, entwickelt Softwarelösungen für Smartphone­-Apps, für Fahrerassistenzsysteme und autonome Fahrsysteme. Damit wollen sie die Autofahrer sicher ans Ziel bringen – auch jenseits asphaltierter Pis­ten. Dafür greift das Start-­up auf topografische Karten zurück und kombiniert sie mit öffentlich zugänglichen Echtzeitdaten zu Wetter, Straßenbeschaffenheit und Ähnlichem.

Am Ende steht eine Streckenbeschreibung, die zu­nächst als App angeboten wird und in einigen Jahren den Weg ins Navigationssystem von Autos findet – so hofft von Grotthuss. Zusammen mit Klement hatte er bereits das Start­up Gestigon gegründet, das 2017 von Valeo gekauft wurde.

Bareways blickt vor allem über die Landesgrenzen hinaus: "Hier in Deutschland ist ja jeder Feld­ weg asphaltiert oder als Privatweg gesperrt", sagt von Grotthuss. Lediglich rund 6000 Kilometer seien nicht asphaltiert. In anderen Ländern sieht das aber anders aus. Schätzungsweise bis zu 80 Prozent aller Straßen weltweit sind unbefestigt. Bareways sucht diese Wege und sammelt möglichst viele Daten.

"Eine unserer Kompetenzen ist es, freie Daten zu finden und diese automatisiert einzubinden", sagt von Grotthuss. "Wenn es Daten gibt, dann sind diese auch auffindbar." Manchmal reicht schon eine einfache Internetrecherche, oft ist es jedoch wesentlich aufwendiger. Der Kontakt zu öffentlichen und privaten Datenbanken ist wichtig. Denn hier ist häufig viel Know­how vorhanden. Bareways muss gut vernetzt sein.

Wenn Bareways die Daten im System hat und nutzen kann, folgt der nächste Schritt: das Ableiten auf vergleichbare Gegebenheiten. Zum Beispiel bei Wetter und Klima: Vom Süden der USA kann die Anwendung auf Mexiko schlie­ßen, von Schweden auf Sibirien. Selbst Nordkorea ist kein weißer Fleck mehr. "In Südkorea sind die meisten Straßen asphaltiert, und der Rest ist gut überwacht", sagt Grotthuss. Daraus kann das System Bedingungen errechnen. Am Ende ist es eine Annäherung. Die Systeme lernen und entwickeln sich weiter. Big Data und künstliche Intelligenz.

Im Herbst will das Start­up eine erste App in Deutschland auf den Markt bringen. Zunächst völlig kostenlos für die Nutzer. "Im Moment sind für uns Feedback und Informationen wichtiger als kleine Umsätze", sagt der Unternehmer. Die Infos für den Fahrer sind der erste Schritt, Informationen für das Fahrzeug ein weiterer. "Unser eigentliches Geschäftsmodell basiert darauf, dass unsere Lösung auf dem Navigationssystem im Auto läuft." Erste Gespräche mit Herstellern und Tier­1-­Zulieferern gibt es bereits.

Bisher erschienen:

Chargery: Boxenstopp für E-Bikes und Scooter

2trde: Digitaler Turbo für Gebrauchte

Lesen Sie auch:

Automobilwoche Kongress 2019: Diese Automotive-Start-ups rocken in Berlin die Bühne

Die Teilnehmer der Start-up-Session 2019:

Apex.ai: Ein System, das nie versagen soll

Holoride: Der unterhaltsame Weg ist das Ziel

AdaSky: Klare Sicht für mehr Sicherheit

Vive la Car: Es lebe das Auto – auf Zeit

Regulus Cyber - Sicherheit für GPS-Sensoren

Twaice: Der digitale Zwilling weiß, was Batterien mögen

Riskmethods: "Wir lieben alles, was Räder hat"

Viele weitere spannende Start-ups und Nachrichten rund um die Start-up-Szene finden Sie auch unter: automobilwoche.de/startups