Jürgen Hubbert, einst im Daimler-Vorstand verantwortlich für die Sparte Mercedes-Benz Pkw, wurde oft als „Mister Mercedes“ tituliert. In die Amtszeit des heute 78-Jährigen fielen die M-Klasse, CLK und SLK – und 1997 der legendäre Elchtest, bei dem erst die A-Klasse kippte und im Nachgang der ganze Konzern zu kippen drohte.
Im Interview mit Michael Specht, der sich damals in der A-Klasse überschlug, blickt Hubbert zurück auf das Krisen-management vor 20 Jahren und die Nachwirkungen des Elchtests.
Herr Hubbert, waren der Elchtest und die Probleme mit der A-Klasse das größte Debakel in der Geschichte von Mercedes?
Zumindest in meiner Zeit gab es nichts Vergleichbares.
Wie kam es zur A-Klasse? Warum wollte Mercedes ins Kompaktsegment?
„Unsere Stückzahlen für die oberen Segmente zogen damals deutlich an. Ebenso die Marktentwicklung in den USA. Daher brauchten wir ein Kompaktmodell als Kompensationsmasse zur Erfüllung der Flottenverbrauchsvorschriften.
War die A-Klasse ursprünglich als Elektroauto gedacht?
Nein, das Thema kam erst mit Smart und Nicolas Hayek auf.
Waren weiche Reifenflanken der Grund für das Umkippen der A-Klasse?
Die Reifen haben im Grunde genommen eine untergeordnete Rolle gespielt. Das Problem war eher eine Kombination von Schwerpunktlage und Fahrwerkabstimmung in einer extremen Fahrsituation.
Kannten Sie eigentlich den Elchtest?
Wir haben wirklich alle Tests gemacht, alles, was man sich vorstellen kann. Aber den Elchtest, diesen Extremslalom bei hoher Geschwindigkeit, den kannten nicht nur wir nicht.
Haben sich Ihre Tester nach dem Debakel eigentlich auch mal Konkurrenzprodukte zur Brust genommen?
Selbstverständlich. Nicht zur Rechtfertigung, sondern zum besseren Verständnis.
Wann haben Sie erstmals vom Überschlag gehört?
Bei der Vorstellung des Maybach in Tokio. Dort erreichte uns während der Pressekonferenz die Nachricht aus Schweden.
Was dachten Sie in diesem Moment?
Ich dachte, das ist schlimm, weil wir Jahre in die Vorbereitung dieses Autos investiert haben. Dass es aber diese Dimension erreichen könnte und weltweite Reaktionen auslösen würde, hatte ich nicht für möglich gehalten.