Mit jedem neuen Dieselfahrverbot war in den vergangenen Wochen und Monaten wachsender Sarkasmus bei vielen Leuten spürbar, gleich ob da Supertanker, Schweizer Grenzwerte oder falsch aufgestellte Messstationen ins Spiel gebracht wurden. Denn die Chancen auf ein verkürztes Leben lauern schließlich überall: in U-Bahn-Stationen, am Gasherd oder im Wohnzimmer bei brennenden Kerzen am Tannenbaum. Als Dieter Nuhr in seinem Jahresrückblick im Ersten das Thema Feinstaub durch den Kakao zog, dämmerte es einem Millionenpublikum, dass man der Wissenschaft vielleicht doch nicht alles glauben sollte. Schon gar nicht, wenn es um Feinstaub geht. Hervorragend recherchiert kam dieses Thema kürzlich in der ARD erneut ins Programm. Eine 30-minütige Exklusiv-Reportage mit dem Titel „Das Diesel-Desaster“. Man sollte sie gesehen haben,kann es aber auch noch bis Januar nächsten Jahres in der Mediathek.
Namhafte Mediziner halten das vom Helmholtz-Institut für Umweltmedizin entwickelte Modell, das auf dem Datenergebnis einer geringfügig kürzeren Lebenserwartung von Stadtbewohnern gegenüber der ländlichen Bevölkerung beruht, schlichtweg für ein konstruiertes Modell. Die darauf basierenden Hochrechnungen von jährlich 6000 Todesfällen in Deutschland oder 50.000 Lebensjahren, die verloren gehen, werden vom Bundesumweltamt, dem Auftraggeber der Studie, medienwirksam verbreitet und von der DUH juristisch und populistisch ausgeschlachtet.
„Es gibt keinen einzigen Todesfall, der kausal auf Feinstaub oder NO2 zurückzuführen wäre“, so Professor Martin Hetzel, der Direktor des Krankenhauses vom Roten Kreuz in Stuttgart. Für ihn ist Feinstaubalarm eine einzige Volksverdummung. Sein Kollege Professor Dieter Köhler, der ehemalige Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie, formuliert es ähnlich: „Man macht aus einer zufälligen Korrelation eine Kausalität, für die es keine Begründung gibt.“
Ausgehend von dem geschätzten Grenzwert der WHO – für den die amerikanische Umweltbehörde die wissenschaftliche Basis übrigens für unzureichend hält – wurde ganz offensichtlich mithilfe eines wissenschaftlich unhaltbaren ökonometrischen Modells ein perfides System geschaffen, welches Exekutive, Legislative und Judikative jetzt vor sich hertreibt. Nur dieses ermöglicht eine Hexenjagd auf eine Technologie, die Enteignung von Menschen und die Vernichtung großer Vermögenswerte. Da erscheint es schon fast nebensächlich, dass die gängigen Messverfahren selbst von Wissenschaftlern mittlerweile infrage gestellt werden. Für Winfried Hermann, den Verkehrsminister von Baden-Württemberg, ist das alles kein Problem. Denn nicht alle Wissenschaftler seien beim Thema NO2 kompetent. Für ihn gibt es also gute und schlechte Wissenschaftler. So ähnlich sieht es wohl auch die Kanzlerin. Denn auf die Frage eines Journalisten, ob die Bundesregierung diesen Grenzwert damals nicht genau geprüft habe, entgegnet sie: Die WHO sei ja nicht irgendeine Organisation, und dieser Grenzwert sei ja auch nicht nur von Deutschland, sondern auch von anderen Mitgliedsstaaten der EU beschlossen worden.
Was also tun mit einem System, das sich ganz offensichtlich selbst gefesselt hat? Eine Befreiung ist wohl Chefsache. Allein schon, weil die Chefin es mit eingefädelt hat. Angela Merkel war Umweltministerin, als der Grenzwert der WHO zur Diskussion stand. Als er dann 2010 in Kraft trat, war sie Kanzlerin. Die nächste Laudatio auf „Spitzenforschung für große Herausforderungen“ zum halbrunden Geburtstag der Helmholtz-Gemeinschaft im nächsten Jahr sollte sie vielleicht besser auslassen und sich stattdessen mit deutscher Literatur beschäftigen. Denn die Lektüre einer Ballade eines großen deutschen Dichters wäre möglicherweise inspirierender bei der Aufgabe, die Geister, die man rief, jetzt wieder loszuwerden. Für den Helm-Holtz-Weg braucht es allerdings sofort ein Fahrverbot, um diesem pseudowissenschaftlichen Humbug ein schnelles Ende zu bereiten.
Lesen Sie auch:
Ärztlicher Direktor der Max-Grundig-Klinik: "Gefahren von Feinstaub durch Diesel werden überschätzt"