Hersteller halten die Mobilfunker von ihren Daten fern

Die Mobilfunktechnik 5G begeistert Produktions- und Logistikexperten: drahtlose Vernetzung nahezu in Echtzeit mit hohen Datenübertragungsraten und sehr zuverlässig. Aber abhängig von Mobilfunkbetreibern wollen Hersteller und Zulieferer nicht werden. Sie bauen nun eigene, sogenannte 5G-Campusnetze auf.

Audi, BMW, Daimler, Volkswagen und Bosch haben der Automobilwoche bestätigt, dass sie Lizenzen für Campusnetze beantragen wollen. Datensicherheit und Zuverlässigkeit sind die Gründe, warum die Unternehmen lieber eigene Netze aufbauen, als die der Mobilfunkanbieter zu nutzen.

Die Automobilhersteller sind sich einig, keinen Dritten an ihre "sensiblen Produktionsdaten" heranzulassen. Auch die Zuverlässigkeit ist ein Argument. So sieht man bei Audi die Steuerung der Kapazitäten im Mobilfunknetz als essenziell an, denn "bei Engpässen der Netzwerkkapazität drohen ansonsten unmittelbare Auswirkungen" auf die Produktion.

Zudem seien "kurze Wege" nötig, um die Vorteile von 5G voll nutzen zu können, heißt es bei Daimler. "Schnellere Umsetzung, größere Sicherheit, bessere Verfügbarkeit und höhere Flexibilität bei der Nutzung" sind für BMW entscheidende Argumente für ein eigenes Netz.

Die Vorteile einer zuverlässigen mobilen Vernetzung sind enorm. In der Fabrik der Zukunft seien "nur noch Wände, Boden und Decke statisch und fest. Alles andere ist flexibel, mobil und einfach zu rekonfigurieren", erläutert Andreas Müller, 5G-Experte bei Bosch. "Zur smarten Produktion der Zukunft gehört die 360-Grad-Vernetzung aller Anlagen und Maschinen in Echtzeit", betont Andreas Friedrich, Leiter der Technologiefabrik von Mercedes-Benz.

Hohe Zuverlässigkeit und kurze Latenz, also Reaktionszeiten im einstelligen Millisekundenbereich, sind bei sicherheitskritischen Fällen wie der Zusammenarbeit von Mensch und Roboter wichtig, sagt ein Volkswagen-Sprecher. Selbst bei der drahtlosen Interaktion mit einem Industrieroboter, der Teile klebt, wie es Audi und Ericsson gerade mit 5G testen, spielen Millisekunden eine Rolle. Bosch sieht die Möglichkeit, den Not-Aus-Schalter eines mobilen Endgeräts via 5G zu vernetzen.

Die Datenübertragungsraten sind gigantisch: Allein bei VW in Wolfsburg werden 5000 Roboter sowie weitere Anlagen vernetzt. Oder die "Software-Betankung" neuer Fahrzeuge in der Produktion: Audi und VW sehen hier den Vorteil, dass dieses datenintensive Aufspielen der Software drahtlos fast zu jeder Zeit der Produktion erfolgen kann.

Dank der hohen Bandbreiten ließen sich "auch die Vorteile von Cloud Computing noch besser nutzen", so Boschs 5G-Experte Müller. Ein Teil der Intelligenz und Rechenleistung von Maschinen wird mittels 5G in die Cloud ausgelagert, was die Maschinen billiger macht.

Der Start der Campusnetze lässt in der deutschen Automobilindustrie nicht mehr lange auf sich warten. Audi und Ericsson testen bereits Anwendungen. VW rechnet mit dem Start eines Erprobungsbetriebs im Jahr 2020. Und BMW erwartet den Rollout in "frühestens ein bis zwei Jahren".

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