Stuttgart. Neben dem Treibstoff verbraucht ein Auto auch in der Herstellung Erdöl, etwa für viele Plastikteile. Kunststoffe auf Basis von nachwachsenden Rohstoffen können helfen, die klimaschädlichen Folgen der Fertigung zu reduzieren.
Herr Kindervater, was ist eigentlich Bioökonomie?
Das ist eine Wirtschaftsform, die nicht mehr auf fossilen Rohstoffen wie Erdöl, Kohle oder Erdgas basiert. Stattdessen nutzt sie nachwachsende Rohstoffe und direkte Fotosynthese, um Kohlenstoffverbindungen zu erzeugen und damit neben Treibstoffen auch Werkstoffe aller Art. Erdöl besteht ja aus Pflanzenresten der Urzeit. Das lässt sich mit dem, was heute auf der Erde wächst, ebenfalls erreichen.Wie kann die Bioökonomie die Autoproduktion nachhaltiger machen?
Man muss sich nur die Fülle der verwendeten Plastikbauteile in einem Auto anschauen und dann fragen, welche Eigenschaften diese haben und wie sie sich durch biobasierte Kunststoffe ersetzen lassen.Welche Vorteile hätte dies?
Neben dem Treibstoff wird im Lebenszyklus eines Autos vor allem beim Bau der Plastikteile durch die Verwendung fossiler Rohstoffe CO2 freigesetzt. Durch die Verwendung biobasierter Kunststoffe könnte man die negativen Klimafolgen bei der Produktion eines Fahrzeugs spürbar reduzieren.Können Sie ein Beispiel nennen für einen solchen neuartigen Biokunststoff?
Im Auto kommen wegen ihrer hohen Leistungsfähigkeit vor allem Polyamide auf vielfältige Weise zum Einsatz – etwa in hitzebeständigen Abdeckungen für den Motorraum. BASF hatte vor Jahren schon einen Weg gefunden, den Kunststoff für ein solches Teil auf Basis von Rizinusöl und einer mit Bakterien produzierten Komponente nachzubauen, wollte aber nicht in die Serienproduktion einsteigen.Was ist dann passiert?
Am Ende hat die holländische Firma DSM einen ähnlichen Werkstoff in die Serie gebracht. Heute werden solche biobasierten Abdeckungen beispielsweise in der A-Klasse von Mercedes verbaut. Ein weiteres Beispiel sind die vielfältig einsetzbaren Carbonfasern. Diese lassen sich zukünftig aus Lignin-basierten Rohfasern produzieren, die aus einem Nebenprodukt der Papierindustrie gefertigt werden können.Welche Hürden müssen beim Einsatz dieser Stoffe überwunden werden?
Wir haben es zum Teil mit derzeit noch höheren Kosten für die biobasierten Materialien zu tun. Gerade in der preissensitiven Autoindustrie fehlt daher oftmals der Anreiz zur breiten Verwendung. Allerdings zeigt sich auch, dass diese Stoffe oftmals leistungsfähiger sind. Im Fall der A-Klasse wäre herkömmliches Polyamid wegen der enormen Hitzentwicklung am Motor schlicht geschmolzen. Und wir beobachten auch, dass die Hersteller bei der Produktion zunehmend auf den CO2-Fußabdruck achten.Sind die deutschen Hersteller da Vorreiter?
Nachhaltigkeit spielt generell eine größere Rolle als früher. Japanische Hersteller wie Mazda und Toyota sind bei der Umsetzung von neuartigen umweltfreundlichen Materialien deutlich schneller. Bei den deutschen Autobauern kann man vor allem dann punkten, wenn sich gute Umwelteigenschaften mit einer erhöhten Leistungsfähigkeit oder alternativen Antriebskonzepten verknüpfen lassen. Beispiel hierfür ist der BMW i3. In der amerikanischen Autoindustrie ist Bioökonomie bisher kein großes Thema.Könnte man ein komplettes Auto auf diese Weise nachhaltig herstellen?
Zumindest all die Teile, die ich bisher schon aus Kunststoff mache. Das Bioconcept-Car eines DTM-Rennwagens hat gezeigt, dass sich auch mehrere Karosseriebauteile mit naturfaserverstärkten Kunststoffen und Holz-Polymer-Werkstoffen herstellen lassen. Schwieriger wird es im Bereich des Motors und bei Getriebeteilen. Wo die Lasten riesig sind, kommt man an Metall auch in Zukunft nicht vorbei.