Nur neun Arbeitstage brauchte man für ein verschärftes Klimaschutzgesetz. Ein neuer Rekord, oder lag es doch schon fertig in einer Schublade des Umweltbundesamts? Deutschland soll jetzt schon 2045 klimaneutral werden, mit einer Reduzierung des CO2-Ausstoßes bis 2030 um 65 statt bisher 55 Prozent. Allein für den Bereich Verkehr sind das somit 2030 weitere zehn Millionen Tonnen. Dabei hatte das Bundesverfassungsgericht im April das Klimaschutzgesetz in erster Linie für die Jahre nach 2030 moniert. Fatal daran ist, dass nach nur 16 Monaten die Rahmenbedingungen schon wieder verändert werden. Verlässlichkeit sieht anders aus. Planbarkeit braucht aber Verlässlichkeit. Wie sollen energieintensive Branchen und eine Autoindustrie mit hohem Kapitaleinsatz so ihre Investitionsentscheidungen treffen? Wie soll der Verbraucher beurteilen, ob er sich überhaupt noch ein Auto leisten kann bei einer angestrebten Halbierung des durchschnittlichen Pro-Kopf-Ausstoßes an Treibhausgasen in acht Jahren?
Wenn die Regierung jetzt die Parameter verändert, wird sie es unter Druck morgen wieder tun. Gilt jetzt noch 2038 für den Kohleausstieg? Öffnet das nicht Tür und Tor für neue Forderungen nach einem Verbot von Verbrennern schon 2025? Was es kosten wird, werden alle erst später erfahren, weil die Maßnahmen noch nicht feststehen. Eines wird sich wohl eher nicht ändern: Technologieoffenheit wird bei der Erreichung der Ziele keine Rolle spielen. Das gilt für Kernkraft genauso wie für alternative Antriebsarten jenseits des batteriebetriebenen Fahrzeugs, wenn man das Wahlprogramm der Grünen oder die Aussagen aus dem Staatskonzern in Wolfsburg richtig interpretiert. Kluge Köpfe weisen schon seit Längerem darauf hin, dass unsere Klimaziele mit Solarenergie, Windkraft und E-Autos nicht zu schaffen sein werden. Ob wir also 2045 Klimaneutralität erreichen werden, hängt weniger von den Zielgrößen ab als von der Bereitschaft, noch einmal darüber nachzudenken, ob wir überhaupt mit dem richtigen Technologie-Mix in dieses Rennen gehen.
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