Man stelle sich folgende Situation vor: In der Geschäftsstelle des Importeursverbands VDIK in Bad Homburg, in den Deutschland- Zentralen von Hyundai, Kia, Renault und Toyota marschierten Bundespolizei und Ermittler ein, würden die Räume durchsuchen, Akten und Festplatten kopieren, Mitarbeiter vernehmen. Das Ganze mit der Begründung, die Importmarken hätten sich verschworen, gemeinsam ihren Marktanteil zum Schaden der heimischen Automobilindustrie zu steigern. Undenkbar? In Deutschland ja, in Südkorea offenbar nicht. Denn genau das ist passiert: Die südkoreanische Freihandelskommission FTC macht 25 Importmarken und ihrem Handelsverband KAIDA exakt diesen Vorwurf, durchsuchte Geschäftsräume, kopierte Festplatten und vernahm Mitarbeiter. Dass es bei den betroffenen Unternehmen keinen Aufschrei gab, hat einen Grund: Sie haben Angst, dass es noch schlimmer kommen könnte, wenn sie sich öffentlich beklagen.
Zur Erinnerung: Zwischen Südkorea und der EU gibt es seit Mitte 2011 ein Freihandelsabkommen, das tarifäre (Zoll, Steuern) und nichttarifäre (Bürokratie, Behinderung) Handelshemmnisse abbauen sollte. Binnen Jahresfrist haben die südkoreanischen Automarken ihren Absatz in Westeuropa dann auch kräftig gesteigert – von 760.000 auf 836.000 Autos. Der Marktanteil stieg von 5,9 auf 7,1 Prozent. Doch auch in Südkorea haben die westlichen Automarken aufgeholt. So konnten die deutschen Hersteller ihren Anteil auf dem Markt, der gerade mal ein Zehntel so groß ist wie der europäische, auf 6,9 Prozent erhöhen. Das hat offenbar die dortigen Behörden alarmiert.
Wenn die EU und die europäischen Regierungen in Seoul nicht unmissverständlich klarmachen, dass derartige Verstöße gegen den Freihandel inakzeptabel sind, wäre dies ein fatales Signal auch an Japan, das ebenfalls ein Handelsabkommen mit der EU will. Was man in Tokio von solchen Vereinbarungen hält, hat die dortige Regierung erst kürzlich bewiesen: In einer Erklärung der G20-Staaten hatte sich auch Japan verpflichtet, eine weiche Währung nicht als Mittel zur Exportförderung zu nutzen. Die Tinte unter der Vereinbarung war noch nicht trocken, da überschwemmte die Zentralbank in Tokio die Märkte mit Yen, der daraufhin ins Bodenlose fiel.