Frau Seeger, Sie sind seit Januar im Job. Wissen Sie schon, wo Sie Schwerpunkte setzen wollen?
Ein Teil wird sich noch herauskristallisieren, ein Teil ist aber offensichtlich. So sind wir bereits 2013 mit unserer Vertriebs-und Marketingstrategie Best Customer Experience gestartet, mit der wir uns gezielt an den Kundenwünschen ausrichten. Das setzen wir fort, indem wir uns im Vertrieb verschiedene Bausteine anschauen und prüfen, wo und wie wir den Kunden am besten begegnen können und welche Lösungen wir dafür brauchen. Eine der Antworten ist die Digitalisierung.
Inwiefern?
Es geht darum, genau die Angebote für den Kunden zu entwickeln, die er sich wünscht. Wir setzen hier verstärkt auf die Digitalisierung aller Kanäle, sowohl in der Kommunikation als auch in den Funktionen Verkauf und Service. Dabei unterstützen wir den Partner Handel, die Prozesse auch online und in der angemessenen Geschwindigkeit zu bedienen.
Wie sieht denn das Autohaus der Zukunft bei Daimler aus?
Es wird in Zukunft nicht das eine Autohaus geben. Der Service etwa bleibt immer physisch. Bremsscheiben lassen sich nun mal nicht virtuell austauschen. Im Verkauf wird es dagegen unterschiedliche Konzepte geben, je nachdem, wie viel persönliche Begegnung gewünscht ist. Das können klassische Autohäuser sein oder Mercedes me Stores in den Innenstädten. Denkbar sind auch temporäre Pop-up-Stores oder kleine Showrooms in Einkaufszentren. Dies alles muss immer kombiniert sein mit einer stimmigen Online-Präsenz.
Welche Rolle hat dann noch der Verkäufer?
Die Kunden kommen meist gut informiert ins Autohaus, aber relativ nah orientiert an ihren bisherigen Erfahrungen und Bedürfnissen, bei denen sie meist ein bekanntes Modell favorisieren. Der Mehrwert des Verkäufers könnte beispielsweise sein, die Vielfalt des Mercedes-Produktportfolios zu zeigen und das Vorwissen des Kunden anzureichern mit einer Probefahrt und neuen Ideen. Dazu könnten in einer zweiten Rolle Produktexperten kommen, die ein Fahrzeug erklären – etwa bei der Übergabe oder ein paar Wochen später, wenn der Kunde schon ein wenig vertraut ist mit dem Fahrzeug.
Sie haben bereits Erfahrungen mit dem Online-Verkauf. Wie sehen die aus?
Wir bieten den Online-Kauf von Mercedes-Benz Fahrzeugen in Deutschland und von smart Fahrzeugen in Italien und Großbritannien bereits an. Das Absatzvolumen steht dabei nicht im Vordergrund. Unser Ansatz ist es, neue Zielgruppen anzusprechen und gleichzeitig loyale Kunden an die Marke zu binden. Das werden wir immer in Kooperation mit den Händlern machen. Denn die Online-Stores ergänzen unsere bisherigen Vertriebsformate und runden den Markenauftritt ab. Es wird also auch künftig beide Wege geben. Wir müssen dem Kunden einfach dort begegnen, wo er in seinen Lebenswelten mit uns in Kontakt treten möchte.
Beim Gebrauchtwagenmarkt machen Ihnen die großen Portale wie mobile.de Konkurrenz. Ist daran gedacht, wie VW eine eigene Plattform aufzubauen?
Auf Basis unserer Erfahrungen und Ergebnisse werden wir online weitere Vertriebsaktivitäten einführen. Der Vertrieb von Gebrauchtwagen über das Internet wird von uns gerade geprüft.
In Deutschland haben Sie sich von vielen Niederlassungen getrennt. Ist die Vertriebsreform damit abgeschlossen?
Wir haben in den letzten Jahren unseren konzerneigenen Vertrieb in Deutschland für die Zukunft ausgerichtet. Mit unserer neuen Aufstellung haben wir eine stabile Basis geschaffen, mit der wir die nächsten Jahre erfolgreich arbeiten können. Es geht jetzt vor allem darum, das Verkaufsgeschäft bei den neuen Eigentümern der Niederlassungen zu etablieren und dem Kunden bessere Leistungen zu bieten. Wir wollen ja Händler und Servicebetriebe, die Best Customer Experience leben. Dazu gehören auch gemeinsame Investitionen, die wir in der nächsten Zeit zügig umsetzen wollen.
Ab 2019 kommt mit dem ersten EQ die Familie der Elektroautos. Wird es da ein spezielles Verkaufskonzept geben?
Wir sind im Moment in intensiven Gesprächen und enger Abstimmung mit unseren Händlern, wie man den Vertrieb dieser Fahrzeuge am besten aufsetzt. Dabei geht es um die speziellen Anforderungen dieser Kunden, die sich zumindest teilweise von den Kunden der konventionellen Technologien unterscheiden. Wie die Lösung am Ende aussieht und welche neuen Wege es geben wird, daran arbeiten wir gerade noch.
Freuen die Händler sich auf die E-Autos?
Wir durchlaufen alle einen großen Bewusstseinswandel, was die Elektromobilität angeht. Bisher ist es noch nicht so, dass die Kunden ungeduldig auf die E-Autos warten. Aber die Händler sind bereits offen und sehen, dass es ein attraktives Produktangebot gibt, zumal sich inzwischen auch bei der Ladeinfrastruktur und dem ergänzenden Ökosystem einiges tut.
Aber gerade deswegen wäre es ja eine Gelegenheit, den Vertrieb neu zu sortieren, oder?
Wir werden neben unseren heutigen Vertriebsaktivitäten zusätzlich neue und innovative Wege gehen. Energiespeicher für zu Hause können Sie bereits jetzt über unsere Vertriebs- und Kooperationspartner beziehen. Was für solche zusätzlichen Technologien und Services jeweils die beste Form des Verkaufs ist, wird sicher noch diskutiert werden und auch von Land zu Land unterschiedlich sein. Wir müssen und wir wollen jedenfalls dieses Thema nach vorne bringen, um dem Kunden eine ganzheitliche Lösung bieten zu können.
Wo auf der Welt könnte das Händlernetz denn noch ausgebaut werden?
Das Netz ist nie fertiggestellt. Wir überprüfen permanent, ob und inwiefern die Märkte sich verändern und wir gegebenenfalls die Zahl der Händler oder auch unsere Vertriebsformate anpassen müssen. Wirklich weiße Flecken auf dem Globus gibt es so gut wie gar nicht. In China haben wir weitere Städte auf dem Radar, wir werden aber sicher nicht mehr so stark wachsen wie in der Vergangenheit.