Der „War for Talents“ – das Ringen um die besten Köpfe – ist ein zentrales Thema angesichts der digitalen Umbrüche in der Automobil- wie in der Consulting-Branche. Die Automobilwoche sprach mit Alexander Krug und Andreas Schlosser von der Unternehmensberatung Arthur D. Little zu diesem Thema.
Herr Krug, Herr Schlosser, alle reden vom Fachkräftemangel, besonders in der Autoindustrie. Wie gravierend ist das Problem?
Krug: Der Fachkräftemangel ist definitiv ein Problem, insbesondere im IT-Bereich. Es geht dabei aber nicht nur um die reinen IT-Kenntnisse, sondern vielmehr um das Verständnis von digitalen Prozessen. Das merken unsere Kunden deutlich. Man muss sich nur anschauen, welche Stellen die Hersteller ausschreiben: Hunderte, wenn nicht Tausende Job-Angebote, um sich in den Themen Digitalisierung, autonomes Fahren und Konnektivität stärker aufzustellen. Die Branche freut sich über ein starkes Umsatzjahr nach dem anderen, und für weiteres Wachstum, insbesondere in den genannten Zukunftstechnologien, sind entsprechende Mitarbeiter essenziell.
Warum gibt es nicht genügend IT-Fachkräfte? Hinken die Universitäten mit der Ausbildung hinterher?
Schlosser: Tatsächlich verzeichnen wir bei den Studienanfängern im Fachbereich Informatik einen Rückgang. 2017 haben im Vergleich zum Vorjahr rund vier Prozent weniger Studierende ein Informatikstudium aufgenommen. Offenbar lässt hier die Attraktivität des Studiengangs zu wünschen übrig – obwohl doch am Ende sehr spannende Jobs locken. Die Verantwortung liegt aber nicht nur bei den Hochschulen. Bereits in den Schulen sollte das Thema Informatik besser und spannender aufbereitet werden. Grundkenntnisse im Fach Informatik werden bald genauso wichtig sein wie etwa in Mathematik.
Schon mehrmals gab es Schlagzeilen um gehackte Auto-IT-Systeme. Dabei wird immer die Kritik laut, dass viele Autounternehmen nicht genügend für die IT-Sicherheit tun und lieber als Erster mit einem neuen Connectivity-Feature auf den Markt kommen. Auch eine Folge des Fachkräftemangels?
Schlosser: Das ist kein automobilspezifisches Problem. Das betrifft fast jede Industriebranche. Bei fortschreitender Digitalisierung müssen sich alle Industrien mit dem Thema IT-Sicherheit auseinandersetzen. Heute werden sogar eigentlich gut gesicherte Regierungsbehörden Ziel von Hackerangriffen.
In der Autobranche aber spielt der Wettbewerbsdruck eine große Rolle. Jeder will der Erste sein bei einem publikumswirksamen Thema – und bietet Systeme an, die offenbar nicht perfekt abgesichertsind. Da kann man von BMW bis Tesla fast jeden Hersteller nennen.
Krug: Das ist aber keine Folge des Fachkräftemangels, sondern des Marktdrucks. Die Entwicklungszyklen werden immer kürzer, gerade auch durch den Druck neuer Hersteller, beispielsweise aus China. Vom Fahrzeugkonzept bis zur Serienreife brauchen einige Wettbewerber heute nur noch zwei statt der früher üblichen sechs Jahre.
Schlosser: Das Thema Sicherheit hat gerade bei den deutschen Herstellern absolute Top-Priorität. Es wird nichts auf den Markt gebracht, das nicht sicher ist. Da nimmt man auch gerne in Kauf, dass man vielleicht mal ein paar Monate später dran ist.