2015 war Peter Mock maßgeblich an der Aufdeckung des NOx-Betrugs von VW beteiligt. Mit der Automobilwoche sprach Mock über die Lehren aus dem Skandal – und künftige Vorsorge.
Herr Mock, vor knapp zwei Jahren und mitten in die Pkw-IAA 2015 brach "Dieselgate" über VW herein – und hernach über die Autobranche. War das Abgasdebakel der Anfang vom Ende des Selbstzünders?
Rund um den Diesel ist in den vergangenen zwei Jahren enorm viel in Bewegung geraten. Und dabei ist eine Menge von Informationen ans Licht gekommen, die wir uns damals nicht hätten träumen lassen. Dadurch ist in großem Stil Vertrauen verloren gegangen, vor allem auf Kundenseite. Insofern kann man sagen, dass die Autoindustrie damals quasi begonnen hat, den Diesel für einen Einsatz im Pkw zu beerdigen.
Nach VW gerieten auch andere Hersteller im In- und Ausland in den Sog der Affäre, zudem Zulieferer. Rechnen Sie damit, dass noch weitere schwarze Schafe entdeckt werden?
Ich denke, dass die Karten auf dem Tisch liegen. Es wurden bald nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen VW endlich systematische Messungen durchgeführt. Im Untersuchungsbericht des Verkehrsministeriums steht, dass bei allen Herstellern Abschalteinrichtungen gefunden wurden. Dieser Satz sagt alles. Nun läuft ein politisches Geschachere, welche Technik illegal ist, und welcher Hersteller womöglich nur Grauzonen der Gesetzgebung ausgenutzt hat.
Ist die Elektromobilität der richtige Ersatz für den Einsatz von Verbrennungsmotoren?
Mit Blick auf künftige Zielwerte bei Emissionen halte ich es für besser, technologieoffen und neutral forschen und entwickeln zu lassen als Quoten für bestimmte Antriebsarten vorzugeben. Gleichwohl kommt man nicht daran vorbei, Verbrennungsmotoren perspektivisch stark auszuphasen und gleichzeitig die Autos zu elektrifizieren, wenn man die Klimaschutzziele erreichen will. Bio- oder synthetische Kraftstoffe sind hier für Pkw keine Alternative, da sie im Auto nicht effizient genug eingesetzt würden und wir sie dringend für andere Verkehrsträger benötigen.
Nach dem ersten Diesel-Gipfel kommt es nun zu einem Treffen der Kanzlerin mit den Kommunen, ein zweiter Diesel-Gipfel wird im November folgen. Worauf sollten die Städte drängen, um Fahrverbote zu vermeiden?
Städte und Kommunen haben eine undankbare Rolle. Einerseits sind sie verpflichtet, bestimmte Grenzwerte einzuhalten, andererseits haben sie keinen Einfluss auf die Technologien im Auto und die Vorgaben der EU. Die Beschlüsse des ersten Diesel-Gipfels dürften nur wenig Wirkung zeigen bei der Verbesserung der Luftqualität – und selbst das erst nach langer Zeit. Ihre Zielwerte werden die Städte und Kommunen nicht vor 2025 oder 2030 erreichen. Es sei denn, die Fahrzeuge im Flottenbestand werden schnell wirklich sauber gemacht. Das geht nicht ohne Hardware-Nachrüstung. Und genau darauf wird man drängen müssen.
Was steht jetzt oben auf der ICCT-Agenda?
Das sind vor allem neue, zukünftige Testprozeduren. Wir wollen ausschließen, dass sich etwas in der Art wie Dieselgate wiederholt. Daher treten wir als Mahner auf, denn auch die neuen Verfahren haben ihre Lücken. Wir brauchen unabhängige, stichprobenartige Nachkontrollen von Serienfahrzeugen unter realen Fahrbedingungen.Und das ICCT beschäftigt sich derzeit intensiv mit den CO2-Grenzwerten für die Zeit nach 2020. Ausdrücklich auch im Lkw-Bereich. Auch da müssen strenge Grenzwerte kommen, sonst werden wir unsere Klimaschutzziele nicht erreichen können.
Das Interview führte Henning Krogh.
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