Elektroantrieb für Nutzfahrzeuge

Stuttgart. In London dürfen schwere Lkw nur noch auf bestimmten Straßen fahren, in Paris denkt man über ein generelles Verbot in der Innenstadt nach, deutsche Kommunen diskutieren über eine blaue Plakette für saubere Fahrzeuge: Es sind vor allem die drohenden Restriktionen in Städten, die das Thema Elektroantrieb auch für den Lieferverkehr interessant machen.

"Wir merken, dass die Nachfrage bei unseren Kunden steigt", sagt Daimlers Lkw-Chef Wolfgang Bernhard. "Die Zeit ist reif für denElektro-Lkw." Mit dem Canter E-Cell der Marke Fuso hat das Unternehmen in Stuttgart bereits einen batteriebetriebenen leichten Lkw im Dauertest. Jetzt geht Bernhard einen Schritt weiter: Auf der Einfahrbahn am Stammsitz in Untertürkheim präsentierte er ­einen 26-Tonnen-Koloss, der rein elektrisch fährt und eine Reichweite von 200 Kilometer haben soll. Er könnte ab dem Jahr 2020 in Serie gehen.

Der Lkw eignet sich etwa für den Verteilerverkehr des Lebensmittelhandels, wo von großen Lagern aus die Filialen in der Stadt bedient werden. Laut Bernhard könnte eine durchschnittliche ­Tagestour mit einer Batterieladung erledigt werden. Weil die EU bei alternativen Antrieben ein höheres Gesamtgewicht zulässt, hält sich der Verlust an Nutzlast durch den schwereren Antriebsstrang mit 700 Kilogramm in Grenzen. "Bis zur Serienreife wollen wir diesen Nachteil ausgleichen", sagt Sven Ennerst, Chef­ingenieur der Lkw-Sparte.

Die Ankündigung fällt in eine Zeit, in der auch andere Hersteller und Logistiker alternative Antriebe für Nutzfahrzeuge erproben. So hat die Post kürzlich in Bochum 24 elektrische Lieferwagen auf die Straße geschickt. Gebaut werden sie vom Aachener Unternehmen StreetScooter, das 2014 von der Post übernommen wurde. Die E-Transporter sollen auch an andere Zusteller verkauft werden.

Renault hat einen 16-Tonner im Kundentest. Einen elektrischen 4,5-Tonner verkaufen die Franzosen bereits. Die Volkswagen-Tochter MAN will auf der Branchenschau IAA Nutzfahrzeuge mit E-Antrieb zeigen. Auch Tesla kündigte an, in Zukunft E-Trucks bauen zu wollen. Zudem sorgte das amerikanische Start-up Nikola Motor Company jüngst für Aufsehen: Dort plant man einen 2000-PS-Truck mit Gasturbine und Elektromotor.