Jan Becker darf man getrost zu den Pionieren des automatisierten Fahrens zählen. Vor mehr als zehn Jahren schon hat der Deutsche im kalifornischen Stanford gemeinsam mit Google-Car-Erfinder Sebastian Thrun an der Software für autonome Autos mitgewirkt. Heute arbeitet Becker an nichts Geringerem als einem absturzsicheren Betriebssystem für die gesamte Autoindustrie.
Im Jahr 2017 gründete Becker mit Dejan Pangercic dafür das Start-up Apex.AI in Palo Alto. Das Ziel: ein System, das nie versagt und das alle Autohersteller gleichermaßen nutzen sollen. „Ein Betriebssystem ist es in dem Sinne aber nicht, sondern ein SDK“, sagt Becker – also ein Software Development Kit. Zur Einordnung eines SDK: Apple hat neben dem Betriebssystem iOS auch iOS SDK auf dem Markt, um externen App-Entwicklern ein sicheres und einheitliches System zur Verfügung zu stellen.
Apex.OS – so heißt das Kit – ist eine Runtime-Software-Umgebung, die auf ROS 2 (Robot Operating System) basiert. ROS 2 wird inzwischen von praktisch jedem Universitätsinstitut in der Forschung und von rund 80 Prozent aller Firmen eingesetzt, die am autonomen Fahren arbeiten. Es ist damit in der Branche De-facto-Standard.Das erste Kit wird laut Becker vom Jahr 2020 an verkauft. Zurzeit ist die Software bei Automobilherstellern und Zulieferern in der Pilotphase. Apex.AI hat für diese Phase fünf Pilotkunden gewonnen, darunter den Autokonzern Toyota. Weitere verrät Becker noch nicht. Für die Zertifizierung arbeitet Apex.AI mit dem TÜV Nord zusammen.
Ohnehin hält Ex-Bosch-Ingenieur Becker auch nach der langen Zeit im Silicon Valley die deutschen Beziehungen aufrecht. Zum 1. Juli 2019 eröffnete das Start-up ein Büro in München. In Kalifornien ist mittlerweile der deutsche Automobilmanager Karl-Thomas Neumann inden Aufsichtsrat von Apex.AI eingezogen.
Auch wenn es sich um eine Open-Source-Software handelt, die jeder kostenlos nutzen kann, besteht das Geschäftsmodell des Unternehmens darin, seine optimierte Version der Software zu verkaufen und Supportleistungen zu berechnen. Becker hat einmal den Vergleich zur Firma Red Hat gezogen, die viel Geld mit einer optimierten Linux-Version für Banken und andere Branchenunternehmen verdient hat.Geldsorgen treiben Becker nicht um. Im vergangenen November stellte Apex.AI eine Finanzierung von 15,5 Millionen Dollar sicher. Anteilseigner an dem Start-up sind unter anderem Toyota und Airbus sowie Venture-Capital- Firmen aus dem Silicon Valley. Airbus ist dabei, weil das System auch in Drohnen und anderen autonomen Flugkörpern eingesetzt werden kann.
Im Dezember hat Apex.AI zusammen mit der Firma Tier IV die Autoware-Foundation gegründet. Inzwischen hat die Foundation 30Mitglieder. Ziel ist es, einen Architektur-Standard für die Anwendungssoftware zu schaffen. Becker weiß: „Nur mit Standards wird automatisiertes Fahren funktionieren.“Viele weitere spannende Start-ups und Nachrichten rund um die Start-up-Szene finden Sie auch unter: automobilwoche.de/startups
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