Ein transparentes und konsequentes Vorgehen, das Licht ins Dunkel bringt, war offenbar nicht gewollt. Die Aufklärung war Geheimsache. Das ist auch kein Wunder, es steht zu viel auf dem Spiel: Es geht um Köpfe, Karrieren und viel Kohle. Doch VW bewegt sich. Konzernchef Herbert Diess will Fakten schaffen: Topmanagern, die in die Affäre verstrickt sein sollen, drohen arbeitsrechtliche Konsequenzen bis zur Kündigung. Zuvor hatte VW Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft bekommen.
Die Reaktion von VW nach Lektüre der 80 Aktenordner lässt tief blicken. Sie zeigt, dass die Staatsanwälte einiges in der Hand haben. Die geschassten Manager gehören zum Kreis der Beschuldigten auf staatsanwaltlicher Seite. Ex-Chef Martin Winterkorn und Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch sind aber außen vor. Für sie gilt weiter die Unschuldsvermutung, bis die Strafverfahren abgeschlossen sind. Und damit bleibt auch die Frage offen, ob nur die zweite und dritte Reihe verstrickt sind – oder auch die Spitze.
Diess kann gegenwärtig zugutegehalten werden, Leitbilder, Regeln und Prinzipien im Konzern neu aufgesetzt zu haben, und er betreibt eine andere, offenere Kommunikation nach innen wie nach außen. Auch wenn VWnoch lange nicht am Ziel ist: Es ist zumindest einmal eine Vorwärtsstrategie.
Doch auch gegen Diess ermitteln die Staatsanwälte. Nicht wegen der Manipulation von Abgaswerten – er kam erst 2015 nach Wolfsburg, als das Unheil längst seinen Lauf genommen hatte –, sondern wegen der Manipulation des Aktienmarkts. Wenn am 10. September der erste große Prozess von Aktionärsklägern beginnt, kann es heikel werden. Ein Restrisiko für Diess besteht.
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