Im öffentlichen Wirbel um schmutzige Selbstzünder und drohende Fahrverbote sind die Debatten nach dem Diesel-Gipfel hitziger denn je. Neben Verbraucherschützern und Umweltorganisationen ziehen auch viele neutrale Technikexperten die Beschlüsse des Treffens von Politik und Wirtschaft in Zweifel.
Beim „Nationalen Forum Diesel“ in Berlin hatten die deutschen Pkw-Hersteller zugesagt, mehr als fünf Millionen Fahrzeuge der Euro-Normen 5 und 6 Software-Updates zu unterziehen. Ziel ist eine Senkung der Stickoxidemissionen (NOx) um 25 bis 30 Prozent. Die geforderte Hardware-Nachrüstung hingegen, vor allem in Form einer Harnstoffeinspritzung (AdBlue), konnte die Industrie vorerst abwenden. Ihr zentrales Argument: Die Kosten solcher Umbauten lägen zu hoch.
Massive Kritik an den Ergebnissen der Elefantenrunde erhebt Peter Mock, Geschäftsführer des renommierten Forschungsinstituts ICCT Europe und maßgeblich beteiligt am Aufdecken von Manipulationen bei der Abgasreinigung von Selbstzündern. „Der sogenannte Diesel-Gipfel kam zu spät“, sagte der Wirtschaftschemiker und promovierte Ingenieur der Automobilwoche. „Man hätte diese Veranstaltung besser schon vor ein oder zwei Jahren abhalten sollen, dann wäre der jetzt zu konstatierende immense Vertrauensverlust bei den Kunden vielleicht noch zu vermeiden gewesen.“
Just in diese Kerbe schlägt auch Karl-Heinz Bley, Präsident des Kfz-Verbands Niedersachsen-Bremen. Schon jetzt entstünden Händlern durch den Wertverlust gebrauchter Dieselfahrzeuge erhebliche Nachteile. Die große Verunsicherung potenzieller Dieselkäufer habe sich jüngst „sogar noch verstärkt“. Bley zufolge treibe die Kfz-Branche nun überdies die Sorge, dass das Software-Update auf der einen Seite hohen Aufwand für die Werkstätten bedeutet, auf der anderen Seite etliche Hersteller den Betrieben aber nur Pauschalen erstatten wollen. Die Betriebe des Kfz-Gewerbes dürften nicht auf den Kosten der zwischen Politik und Industrie vereinbarten Maßnahmen sitzen bleiben.