Anfang Januar, etwas außerhalb von Las Vegas, 475 South Grand Central Parkway. Hier am Rande der Wüste steht ein Hunderte Meter langer, weißer Pavillon. Die Straßen in dem Vorort sind an diesem Freitagnachmittag wie leer gefegt. Nur ein schwarzes Plakat zeigt an, dass sich in dem gigantischen Zelt etwas tun muss. Faraday Future hat sich hier zur Consumer Electronics Show einquartiert, um einem kleinen Kreis seinen ersten Coup im Detail zu zeigen: den FF91.
Faraday Future, das ist der neue Stern am Firmament. Das Unternehmen will nichts weniger als das Automobil neu erfinden. Das Start-up ist für manche der gefährlichste Tesla-Jäger. Andere wiederum glauben nicht, dass Faraday Future überhaupt jemals ein Serienauto auf die Straße bringt. Also mehr Sternschnuppe als Stern. Doch alle Hersteller beäugen genauestens, was die Kalifornier derzeit treiben.
So wie Faraday Future hat sich gleich ein halbes Dutzend neuer Autobauer angemeldet, um das nächste Tesla zu werden. Oder
besser gesagt: Tesla sogar hinter sich zu lassen. Sie beeindrucken durch ihre großspurigen Ankündigungen und ihre offensive Euphorie. Ihr Ziel ist, ein neues Zeitalter des Autofahrens einzuläuten. Elektromobilität, Konnektivität und automatisiertes Fahren werden eins. Der Elektroautohersteller Tesla, gegründet anno 2004, ist für sie das große Vorbild, aber irgendwie auch schon wieder Old Economy.Das Auftreten der Newcomer ist auch ein Frontalangriff auf die etablierten Autobauer der 130 Jahre alten Branche. Die Neuen können ohne schweres Erbe und ohne Altlasten agieren. Sie überspringen einfach alle bisherigen Evolutionsstufen des Automobils und bauen ihre Fahrzeuge, ohne dass diese jemals einen Verbrenner zu sehen bekommen. Die neu gebauten Werke werden gleich konsequent auf Elektromobilität getrimmt. Doch genauso haben sie Nachteile: Alles müssen sie von Grund auf aufbauen. Sie haben kein Produktionsnetz, keine Zuliefererbeziehungen, keinen Vertrieb, keinMarketing, keine Werkstätten. Ein Vabanquespiel. Wenn es aber klappt, ist es eine automobile Revolution.Hinter Faraday Future aus Los Angeles steht der chinesische Investor LeEco. Schon 2018 soll dieProduktion beginnen, noch im
selben Jahr soll der FF91 („nine one“) auf den Markt kommen. Dabei steht die Fabrik im Norden von Las Vegas noch nicht einmal. „Die Zeit ist knapp, aber wir werden es schaffen“, sagt Bill Strickland im Gespräch mit der Automobilwoche. Und der hochrangige Faraday-Manager ergänzt: „Wir sind weiter, als viele glauben.“ Im Pavillon in Las Vegas steht ein Beta-Fahrzeug des FF91 bereit, um ein paar Runden zu drehen. Das sind die Fakten: 1050 PS, von null auf 100 in 2,39 Sekunden, 700 Kilometer Reichweite und ein Drehmoment von 1500 Newtonmetern. Das ist die Antwort auf Teslas Model S. Nur zum Preis wollen die Manager partout keine Zahl nennen. LeEco-Chef Jia Yueting ließ sich lediglich dazu verleiten, ihn auf „weniger als 300.000 Dollar“ einzugrenzen. Nun denn.