Herr De Carlo, derzeit sind die Aussichten für die Entwicklungsdienstleister gut. Aber bleibt das auch so?
Unsere Branche zeichnet eine große Dynamik aus und hat sich auch in der Vergangenheit immer gut auf Veränderungen eingestellt. Ich glaube, dass das Outsourcing der Fahrzeughersteller noch für viele Jahre zunimmt.
Und welche Gefahren birgt das Elektroauto. Dessen Antriebsstrang ist nicht so aufwändig wie ein konventioneller Antrieb?
Zwar ist beim Elektroauto der Antriebsstrang weniger komplex, aber der Kunde wird mehr Funktionalitäten in diesen Fahrzeugen verlangen. Und wir werden immer mehr Software, Services und Konnektivität bieten können. So wie die Menschen heute erwarten, dass das Smartphone alle paar Monate ein Update bekommt, werden sie das auch für ihr Auto verlangen.
Erwarten Sie eine weitere Konsolidierung der Branche?
Ja. Der Markt verlangt das. In Deutschland ist die Branche immer noch sehr fragmentiert und segmentiert. Die Erwartungshaltung unserer Kunden geht aber in Richtung großer Pakete. Und dafür brauchen die Engineeringunternehmen eine gewisse Größe. Zudem rechne ich damit, dass es in Zukunft neue Akteure geben wird. Indische Unternehmen finden den deutschen Markt beispielsweise sehr attraktiv und werden versuchen, in Deutschland sehr aggressiv eine führende Rolle zu übernehmen.
Wie können kleinere Unternehmen auf die Zusammenschlüsse reagieren. Sollten Sie in Netzwerken zusammenarbeiten?
Ich weiß nicht, ob sie noch die Zeit dafür haben. Es stellt sich auch die Frage, ob immer alles in Deutschland entwickelt werden muss, auch bei großen Paketen. Bestimmte Umfänge lassen sich auch verlagern, um den Kunden ein attraktives Angebot unterbreiten zu können.
Eine Verlagerung ins Ausland findet also aus Kostengründen statt?
Nicht nur aus Kosten- sondern auch aus Kompetenzgründen. Für viele Ingenieure ist es nicht mehr attraktiv in Deutschland zu arbeiten. Sie wandern beispielsweise ins Silicon Valley ab. Bestimmte Kompetenzen, wie etwa für künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen, sind heute in Deutschland schwierig zu finden.
Bringen die jungen Ingenieure noch das richtige Wissen mit?
Das was heute an der Universität gelernt wird ist nur noch die Basis. Ich erwarten von unseren Bewerbern eine Innovationsbereitschaft und Neugier für neue Themen. Denn künftig gewinnen Themen an Bedeutung, die man nicht an der Uni lernen kann. Die Leute müssen disruptiv denken. Das wird in Zukunft entscheidend sein.
Wie verändern sich die Erwartungen an die Entwicklungsdienstleister?
In der Vergangenheit hat alles, was wir für unsere Kunden gemacht haben anschließend auch unseren Kunden gehört. Also auch das geistige Eigentum. Aber es gibt Tendenzen, dass einige Kunden das Risiko mit uns teilen wollen.
Und wie sieht das aus?
Beispielsweise haben wir einen Kunden aus dem IT-Bereich, der ein Interesse daran hat, dass wir die gemeinsame Entwicklung an einen breiteren Kreis von Automobilkunden verkaufen. Je größer die Stückzahl, desto mehr verdient auch Altran daran. Vor fünf Jahren, war so etwas noch nicht denkbar. Die Zukunft liegt also in gemeinsamen Entwicklungsprojekten, gemeinsamer Verantwortung und gemeinsamen Risiken. Ich bin jedenfalls davon überzeugt, dass wir eine solche Entwicklung sehen werden. Zudem wird künftig verstärkt mit offenen Plattformen gearbeitet. Organisationen sind immer mehr bereit, sich zu öffnen.
Wodurch unterscheidet sich die Altran Group vom Wettbewerb?
Viele unserer Wettbewerber sind hauptsächlich im Bereich Automobil tätig. Bei uns trägt der Automotive-Bereich nur 22 Prozent zum Gruppenumsatzes bei. Altran ist auch in den Bereichen Luft- und Raumfahrt, Medizintechnik und Telekommunikation vertreten. Von dieser Vielfalt profitieren wir auch im Automotivegeschäft. Aber in Deutschland liegt der Schwerpunkt auf dem Automobil und diesen Bereich wollen wir uns auch weiter stärken.
Das bedeutet, dass der Anteil des Automobilgeschäfts zunimmt?
Eine gewisse Steigerung ist möglich, wir werden aber als Gruppe wachsen.
Wo legen Sie im Automotivebereich Ihren Schwerpunkt?
Unser Geschäft stützt sich auf drei Säulen. Neben dem Komplex autonomes Fahren und Konnektivität sind das die Schwerpunkte Elektromobilität sowie Fahrzeugentwicklung. Dort beschäftigen wir uns unter anderem mit der Entwicklung vor Fahrzeugderivaten.
Welche Rolle spielen bei Ihnen neue Mobilitätsdienstleister als Kunden?
Als ein führendes Unternehmen der Branche müssen wir unsere Kundenlandschaft sehr genau beobachten. Von neuen Mobilitätsdienstleistern könnten neben Konnektivität und IT-Bereichen vor allem unsere Fahrzeugentwicklung profitieren.
Spekulieren Sie vor allem auf Entwicklungsaufträge, die die Fahrzeughersteller nicht mehr zum Kerngeschäft zählen?
Auch, aber wir fahren zweigleisig. Wir wollen zudem von den Zukunftsthemen wie Softwareentwicklung, autonomes Fahren oder Konnektivitätsservices profitieren.
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