Mercedes-Benz Cars verbucht erneut einen Rekord-absatz. Als Gründe macht Vertriebsvorständin Britta Seeger im Automobilwoche-Interview das frische Produktportfolio, die jüngere Positionierung und Mut aus.
Frau Seeger, die Überschrift im Pressetext lautet "Mercedes-Benz schafft achtes Rekordjahr in Folge und bleibt die Nummer 1 im Premiumsegment". Welche der beiden Aussagen ist Ihnen wichtiger?
Es ist ein großer Erfolg, dass wir 2018 mehr als 2,4 Millionen Fahrzeuge verkaufen konnten. Unsere Branche ist sehr kompetitiv. Wenn du die Krone erst einmal gewonnen hast, dann gibst du sie nur ungern wieder ab. Wir sind nun das dritte Jahr in Folge Nummer eins im Premiumsegment. Darauf sind wir sehr stolz.
Woher kommt das Wachstum?
Wir haben ein zweistelliges Wachstum in China. Im November, nach elf Monaten, haben wir dort als erster Premiumhersteller die Hürde von 600.000 verkauften Fahrzeugen geschafft. In den USA sind wir mit den SUVs sehr erfolgreich. Die neue G-Klasse ist auf dem Markt, der GLE kommt bald. Wir gehen daher weiter von -einer guten Nachfrage aus.
Mercedes hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Hat sich auch die Kundenstruktur dementsprechend verändert?
Wir haben unser Produktportfolio deutlich erweitert. Nehmen Sie den CLA, der stellvertretend für unseren Wandel steht. Die Kunden, die einen CLA kaufen, sind weltweit die jüngsten, oft weiblich und waren vorher häufig noch nicht Mercedes-Kunden. Ergänzt wird das Produktportfolio durch unsere jüngere Markenpositionierung. Darüber hinaus haben wir neue Formate gewagt, wie die meConvention. Wir sehen, dass die Kunden das zu schätzen wissen.
Welchen Beitrag leistet Retail?
Das Produkt ist das eine, das andere ist die Art und Weise, wie wir dem Kunden vor Ort begegnen. Wir eröffnen neue Formate, indem wir dort hingehen, wo der Kunde sich bewegt. Weltweit haben wir me-Stores aufgemacht, zum Beispiel downtown in Peking oder als Pop-up-Stores in Südkorea. Dadurch sind wir als Marke zugänglicher geworden, nahbarer, emotionaler.
2018 hat auch handfeste Probleme bereitet, etwa die WLTP-Umstellung in Europa.
2018 war aufgrund verschiedenster Faktoren ein herausforderndes Jahr für die gesamte Branche. Das haben wir in unterschiedlichen Regionen gesehen. Wir hatten pünktlich zum 1. September 2018 alle Modelle nach WLTP zertifiziert. Bis die Fahrzeuge ihren Weg zu den Händlern gefunden haben, hat es dann noch etwas gedauert.
Am 1. September 2019 kommt der "Second Act" für WLTP/RDE. Sind noch einmal solche Probleme wie 2018 zu erwarten?
2018 haben wir alle miteinander viel gelernt. Wir können nun besser planen, was die WLTP-Zertifizierung in der Umsetzung bedeutet. Es bleibt herausfordernd, da der Aufwand für alle Beteiligten in den neuen Verfahren enorm gestiegen ist. Wir arbeiten natürlich mit Hochdruck daran, dass wir 2019 die Fahrzeuge nach Plan in die Märkte bringen.
Bisher ist Euro 6d-temp das Maß der Dinge. Wann wird es von Mercedes Euro 6d final geben?
Ganz bald. Die A- und B-Klasse mit Zweiliter-Vierzylinder-Diesel und der GLE mit Sechszylinder-Diesel kommen als Euro 6d, sie sind bereits entsprechend zertifiziert. Übrigens: Rund 90 Prozent unseres aktuellen Produktportfolios ist nach Euro 6d-temp und Euro 6d zertifiziert.
2018 lag das Absatzwachstum im Jahresvergleich bei nur 0,6 Prozent. Können Sie den Autoverkauf 2019 noch einmal steigern?
Die Produktpipeline ist super gefüllt, die Kunden springen an – wir sind zuversichtlich. Unwägbarkeiten gibt es immer zu managen: Auch 2018 wussten wir anfangs nicht, welche exogenen Herausforderungen das Jahr bringen würde. Von Kundenseite bekommen wir aktuell großen Zuspruch, das ist das Wichtigste.
Sie sind nun zwei Jahre Daimler-Vorständin. Was ist für Sie das Wichtigste in dieser Zeit?
Das dritte Jahr in Folge die Nummer eins zu sein, das steht schon weit oben. Woran wir am intensivsten arbeiten: Kundenzufriedenheit. Die Strahlkraft der Marke nachhaltig aufzubauen und weiter strategisch der Frage nachzugehen, wie Autos in Zukunft digital verkauft werden. Im Bereich Direct Sales und Online Sales haben wir Pilotprojekte laufen, die zu neuen Geschäftsmodellen führen könnten. Insgesamt: schnell sein. Das ist mir wichtig.
Das Interview führte Burkhard Riering
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