Wenn Diess auf LinkedIn für "Excellence in leadership" trommelt, bekommt er dafür 1000 Likes. Fraglich ist, wie viel Zustimmung der VW-Konzernchef intern für sein Vorgehen im Vorstand und gegenüber dem Aufsichtsrat erhält. Wer sich in den Wolfsburger Topgremien umhört, ahnt: Herbert Diess ist eine Ich-AG. Er führt nach seinem Gusto.
So kommt es, dass einige seiner wichtigsten Führungskräfte die Unterstützung des Konzernchefs vermissen. Und ein Machtwort von Diess, wenn es geboten ist. Frank Witter etwa, VWs Finanzvorstand, muss immer wieder strikte Disziplin bei der Meldung der Zahlen aus den Marken an die Zentrale anmahnen. Ein so komplexer Konzern wie VW sei nur bei strenger Einhaltung aller Richtlinien rund um die Rechnungslegung zu steuern. Porsche allerdings, berichten Insider, schießt bisweilen quer. Lutz Meschke, Finanz- und IT-Chef der VW-Marke, reize Gestaltungsspielräume gern bis an die Grenzen aus – bisweilen auch darüber hinaus. Sehr zum Ärger Witters. Doch Meschke, stellvertretender Porsche-Chef, steht unter dem Schutz von Wolfgang Porsche. Und als ein Sprecher der Familien Piëch/Porsche, die VW mehrheitlich besitzen, hat dieser eben beträchtlichen Einfluss.
Auch Andreas Renschler, mit Witter befreundet, ist enttäuscht. Den geplanten Börsengang der von ihm geführten VW-Nutzfahrzeug-Tochter Traton hat der Konzern erst einmal verschoben. Für Diess ist das nur eine Entscheidung von vielen. Für Renschler ist es ein herber Rückschlag.
Mit Tratons Börsengang wollte der frühere Daimler-Vorstand bei seinem neuen Arbeitgeber VW einen "Global Champion" im Lkw- und Busgeschäft formen. Dafür aber braucht Renschler eine harte Währung, am besten in Form von Aktien. Diese könnte Renschler für Überkreuzbeteiligungen einsetzen. Der US-Truckproduzent Navistar kommt dafür ebenso in Betracht wie Toyotas Nutzfahrzeug-Ableger Hino. Nun liegen all die schönen Pläne auf Eis.
Stefan Sommer, Beschaffungsvorstand des VW-Konzerns, fühlt sich in einer strategisch bedeutsamen Angelegenheit nicht gehört. Diess hatte ihn bei ZF abgeworben. Der Zulieferer vom Bodensee war beim autonomen Fahren schon weit fortgeschritten. Für seinen neuen Arbeitgeber am Mittellandkanal machte sich Sommer daher bald an eine umfassende VW-Strategie für die smarte Vernetzung von Sensorik und Steuergeräten.
Dann aber entschied sich Diess für Christian Senger als Vorstand Digital Car & Services. Bei der Kernmarke VW Pkw – und in gleicher Funktion auf Konzernebene.
Von Sengers Zuständigkeit für das komplette Unternehmen wurde selbst VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh kalt erwischt. Sein ohnehin diffiziles Verhältnis zu Diess hat dessen Alleingang weiter verschärft. "Herbert Diess fehlt manchmal das Gespür für die richtige Tonalität", sagt ein Wolfsburger Topmanager. "Sein rabiates, oft radikales Vorgehen kostet ihn viele Sympathien."