Der TÜV Rheinland will in den nächsten fünf Jahren 500 Millionen Euro investieren, davon einen großen Teil in die Digitalisierung. Zu den Herausforderungen für den Konzern äußert sich Matthias Schubert, der seit dem 1.April Vorstand für den Bereich Mobilität des TÜV Rheinland ist.
Herr Schubert, warum investiert der TÜV Rheinland so viel Geld in digitale Services und Prozesse?
Unsere Ware ist Know-how. Und dieses Wissen veraltet immer schneller. Gleichzeitig nimmt der Wettbewerbsdruck zu, die Anforderungen durch die Regulierung steigen weltweit. Eine stringente Digitalisierungsstrategie ist für uns daher ein Muss.Der TÜV Rheinland wurde 1872 gegründet und prüfte Dampfkessel. Wie schaffen Sie es, heute disruptive Prozesse zu entwickeln?
Technologische Neuerungen waren schon immer unser Thema. Da sind wir flexibler, als manche vielleicht annehmen. Wir haben jüngst ein Team für „Mobility Innovation“ gebildet, das aus erfahrenen Ingenieuren, jungen Leuten und Managern besteht. Es hat die Aufgabe, neue Geschäftsfelder mithilfe von Innovationen auszuloten.Welche wesentlichen digital getriebenen Projekte bringen Sie derzeit voran?
Der Endverbraucher gewinnt in unseren Überlegungen immer mehr an Bedeutung. Die Mobilität der Zukunft ist datengetrieben, und daraus ergeben sich eine Menge interessanter Möglichkeiten, um dem Endverbraucher neue und bessere Services zu bieten.Schon jetzt liefern moderne Fahrzeuge jede Menge Daten, die wertvoll für den Service sind. Partizipieren Sie an diesen Daten?
Wir benötigen als Prüforganisation Zugriff auf die Daten der sicherheitsrelevanten elektronischen Systeme. Der 2015 eingeführte HU-Adapter war ein wichtiger Schritt in diese Richtung, aber es müssen weitere folgen. Dazu sind geänderte rechtliche Rahmenbedingungen nötig. Aus unserer Sicht wäre es nicht zielführend, wenn allein die Fahrzeughersteller Zugriff auf diese Daten erhielten. Sie stellen ein enormes Potenzial für die Sicherstellung der ordnungsgemäßen Funktionen aller für die Sicherheit wichtigen Systeme dar.Könnte da in der Zukunft die Hauptuntersuchung, eines Ihrer Kerngeschäfte, nicht völlig überflüssig werden?
Davon gehen wir nicht aus. Fahrzeuge werden auch in Zukunft aus einer großen Anzahl mechanischer Systeme bestehen. Zudem wird die Überwachung der korrekten Funktionalität der Sensoren und der damit verbundenen Software an Bedeutung gewinnen. Allerdings wird sich die HU verändern und künftig die Anwendung weiterer Technologien benötigen.Gilt das auch für die immer zahlreicher verbauten Assistenzsysteme und das künftige autonome Fahrzeug?
Dort erst recht. In den aktuellen Fahrzeuggenerationen werden immer mehr Sensoren verbaut. Die müssen wir prüfen können, und ebenso die Software, die die Daten der Sensoren auswerten. Auch hier ist der Staat aufgefordert, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit eine Prüforganisation ihre Aufgaben umfassend erledigen kann. Ohne gesetzliche Prüfvorgaben können wir nichts machen.Lesen Sie auch: