Herr Wissmann, in wenigen Tagen öffnet die NAIAS ihre Pforten. Welche Impulse erhofft sich die deutsche Autoindustrie?
Wir gehen mit Zuversicht nach Detroit. Denn die deutschen Hersteller haben 2017 ihren Absatz von leichten Nutzfahrzeugen gesteigert, obwohl der Gesamtmarkt leicht rückläufig war. Das heißt: Wir haben sowohl im Pkw-Segment als auch bei den Light Trucks Marktanteile gewonnen. Auf der Detroit Auto Show werden unsere Hersteller mit zahlreichen Premieren aufwarten. Daher rechne ich damit, dass mit den neuen Modellen die Nachfrage nach deutschen Autos in diesem Jahr weiter steigt.In den USA sind große Geländewagen und schwere Pick-ups gefragt. Haben die deutschen Anbieter hier Trends verschlafen?
Ganz im Gegenteil. Gerade im Light-Truck-Segment, das seit Jahren wächst und mittlerweile für rund zwei Drittel des gesamten US-Markts leichter Nutzfahrzeuge steht, sind wir mit großer Dynamik unterwegs. Während 2012 erst gut jedes vierte Auto, das wir in den USA verkauften, zu den Light Trucks zählte, sind es heute deutlich über 40 Prozent.In den ersten elf Monaten 2017 haben die deutschen Hersteller in diesem wichtigen Bereich ihren Absatz um gut neun Prozent gesteigert, das gesamte Light-Truck-Segment wuchs lediglich um knapp fünf Prozent. Im November waren wir mit plus 24 Prozent sogar dreimal so schnell unterwegs wie der gesamte Light-Truck-Markt, der um knapp acht Prozent zulegte.
Viele deutsche Hersteller und Zulieferer forcieren ihre Aktivitäten in der E-Mobilität. Erwartet der VDA einen Boom bei Hybriden und Stromern in Nordamerika?Wir müssen feststellen, dass die Elektromobilität in Deutschland mit deutlich höherer Drehzahl unterwegs ist als in den USA. Während sich in Deutschland der E-Absatz 2017 mehr als verdoppelt hat, beträgt das Plus in den USA rund 30 Prozent. Der Elektroanteil an allen Light-Vehicle-Verkäufen hat in den USA erst jetzt die Ein-Prozent-Hürde genommen, da ist Deutschland weiter. Mit unserem Modellangebot von E-Autos sind wir in den USA gut aufgestellt. Jedes dritte Modell kommt von unseren Herstellern. Jedes sechste Elektroauto, das in den USA neu verkauft wird, trägt ein deutsches Markenzeichen. Für die nächsten Jahre bin ich durchaus optimistisch, denn das Modellangebot nimmt stetig zu.Der Ruf des Diesel hat in den USA und Kanada massiv gelitten. Wird der Selbstzünder für Personenwagen dort bald Geschichte sein?
Machen wir uns nichts vor: Die USA waren schon immer ein Benziner-Land. Die Gallone Superbenzin kostet heute etwas über 2,50 Dollar. Umgerechnet heißt das: Der Liter Super ist in den USA halb so teuer wie in Deutschland. Im Pkw-Segment hat der Diesel in den USA derzeit einen Marktanteil von 0,1 Prozent. Das heißt: Der Diesel findet in diesem Bereich eigentlich nicht mehr statt. Außerdem kostet die Gallone Diesel knapp drei Dollar. Diesel ist also deutlich teurer als Super. Wer in den USA mitmischen will, muss ein überzeugendes Angebot an Benzinern haben, ergänzt um Plug-in-Hybride und rein batterieelektrische Modelle. Da sind wir gut aufgestellt.Wie steht der VDA zu den Forderungen von US-Präsident Donald Trump, die den Fahrzeugsektor betreffen?
Es ist ja durchaus nachvollziehbar, dass die USA mit ihrer Steuerreform die Weichen auf mehr Wachstum und mehr Investitionen stellen wollen. Auch Deutschland und Europa müssen sich an diesen neuen Rahmenbedingungen orientieren, wenn wir unsere Wettbewerbsfähigkeit behalten wollen. Was unsere Unternehmen aber massiv stört, ist die geplante Gegenfinanzierung über konzerninterne Importsteuern, die sogenannte „Excise Tax“. Das würde die transatlantische Zusammenarbeit erheblich beeinträchtigen und trägt protektionistische Züge. Für die betroffenen Unternehmen stellt dies eine Doppelbesteuerung und damit eine Wettbewerbsverzerrung dar.Lesen Sie auch:
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