Audi weitet den Onlinevertrieb von Neuwagen mit den Händlern aus. Christian Bauer, noch Vertriebschef Deutschland, sprach mit der Automobilwoche über die Pläne. Im Mai übernimmt Bauer die Leitung der zentralen Verkaufsplanung.
Herr Bauer, Sie haben im vergangenen Jahr einen Piloten zum Onlinevertrieb von Lagerwagen gestartet. Wie ist das angelaufen? Wir haben mit einem Pilothändler mit dem Onlineverkauf von Neuwagen und Lagerfahrzeugen auf der zentralen E-Commerce-Plattform begonnen. Für den weiteren Rollout haben wir jetzt einen Pilotvertrag erstellt, mit dem wir vor einigen Wochen alle deutschen Händler zur Teilnahme eingeladen haben.
Wie geht es nun weiter?
Wir sind optimistisch, dass rund ein Drittel der Händler bald unterschreiben wird. Im Laufe des zweiten Quartals werden sie technisch an die Plattform angebunden. Wir werden im Juni außerdem die Leasing-Option online anbieten, über die man direkt eine Bonitätsprüfung durchführen kann. Das wird die Akzeptanzrate zusätzlich steigern.
Wie viele Fahrzeuge wird Audi dann über die Plattform anbieten?
Im Sommer wird auch die Gebrauchtwagenbörse auf diese Konzernplattform umgestellt und die Gebrauchtwagen zum Leasing angeboten. Wir werden dann über unsere Händler circa 4000 bis 6000 Fahrzeuge im Neu- und etwa die gleiche Summe im Gebrauchtwagenbereich anbieten.
Welchen Absatz erwarten Sie über den Online-Kanal?
Wir gehen davon aus, dass die Lagerverkäufe des Handels auf dem gleichen Niveau weiter stattfinden. Ein gewisser Anteil wird aber über die Plattformen laufen. Wir schätzen, dass die darüber verkauften Fahrzeuge bis Jahresende relativ schnell in Richtung 1000 gehen.
Planen Sie auch die Neuwagenkonfiguration?
Die ist langfristig auch angedacht. Im ersten Schritt bilden wir das Neuwagen-Handelslager ab. Darauf basierend kann man die nächsten Schritte machen. Wir reden da sicherlich über die nächsten Jahre.
Müssen Hersteller im Online-Neuwagenvertrieb gerade jetzt starten, auch weil man das Feld nicht Intermediären überlassen will?
Die Start-ups, die Sie ansprechen, bieten an, dass man sich online ein Auto anschaut und das Fahrzeug vom Handel kauft. Das ist nicht mit unserem End-to-End-Angebot vergleichbar. Wir sind gut unterwegs. Wir merken jetzt, dass die digitale Zielgruppe immer größer wird, auch angetrieben von der Corona-Krise.
Sie spüren trotzdem keinen Zeitdruck?
Unser tradiertes Geschäft funktioniert gut. Wir stehen trotz Lockdowns gut da. Der Auftragsbestand liegt mehr als 15 Prozent über Vorjahr. Das E-Commerce-Handelsgeschäft wird für die Zukunft natürlich immer wichtiger. Wir gehen ein Thema nach dem anderen an. Man würde sonst die Partner überfrachten.
Sie betonen die Rolle des Handels. Schließt das aus, dass Audi auch in den Online-Direktvertrieb einsteigt?
Unsere Verträge beschreiben ganz klar unseren Handlungsspielraum. Wir fokussieren die Zusammenarbeit mit den Händlern. Natürlich ist ein Agenturgeschäft ein Thema, das wir auch gemeinsam mit den Partnern diskutieren, aber wir haben da keine Eile.
Das Interview führte Mirabell Schmidt-Lackner.
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