Bei der Frage, was ein ökonomisch denkender Mensch, vor allem wenn er mit der Automobilbranche zu tun hat, am 22. September wählen sollte, gibt es nur wenige Alternativen. Die Steuerpolitik von SPD und Grünen aus der Mottenkiste der Umverteilungsideologen ist derart abschreckend, dass man sich kaum noch mit den anderen Teilen der Programme auseinandersetzen mag. Wer die tagesaktuellen Debatten verfolgt, wird auch nicht schlauer: Man könnte denken, die Zukunft unseres Landes entscheide sich an der Frage, ob der US-Geheimdienst unsere Mails liest oder die Bundeswehr Drohnen anschafft.
Das einzige Thema von wirtschaftlicher Relevanz, das zumindest am Rande der Tagespolitik aufscheint, ist die Energiepolitik. Die von der Regierung dilettantisch bis gar nicht geplante Energiewende wird zumindest hin und wieder thematisiert. Allerdings geht es dann meist um die Ausnahmeregelungen für energieintensive Betriebe. Welche Folgen es für einen Industriestandort hat, wenn der ohnehin schon dritthöchste Strompreis in der EU weiter steigt, scheint kaum zu interessieren. Wenn Deutschland auch in Zukunft ein attraktiver Industriestandort bleiben soll, dann müsste jetzt ein wirtschafts- und industriepolitischer Masterplan her. Die Arbeitskosten in Deutschland sind noch immer zu hoch: In den osteuropäischen EU-Ländern wird ein Viertel bis ein Drittel so viel verdient. Um diesen Abstand zu rechtfertigen, müsste Deutschland seine Produktivität steigern. Das erfordert vom Staat hohe Investitionen in Infrastruktur und Bildung, die nirgendwo sichtbar sind.
Um ihre teure Kernbelegschaften halten zu können, brauchen die Unternehmen die Flexibilisierung über Leih- und Zeitarbeit sowie Werkverträge. Jede Einschränkung macht den Industriestandort Deutschland unattraktiver. Man kann von einer Industrie aber nur dann hohe Investitionen in neue, umweltschonende Technologien verlangen, wenn man die Voraussetzungen für entsprechende Erträge schafft. Nichts davon wird von den Wahlprogrammen der Parteien angemessen thematisiert. Und wenn diese Fragen überhaupt gestreift werden, dann mit Floskeln aus Sonntagsreden. Also wählt man wieder das kleinere Übel – oder gar nicht.