Sunnyvale/Gaydon. Personalisierung ist zwar im Grunde nicht neu, doch bislang wurden allenfalls Sitz- oder Spiegeleinstellung und vielleicht die Radiofavoriten entsprechend geändert, wenn das Auto mit dem Schlüssel eines zweiten Fahrers geöffnet wurde. Künftig schaut die Elektronik aber so genau hin, dass der Wagen vom Transportmittel zu einem digitalen Wegbegleiter wird und den Fahrer so umsorgt, wie es sonst nur ein Privatchauffeur könnte, sagt Kal Mos, der für Mercedes im Silicon Valley an der „Predictive User Experience“ arbeitet. Das jüngste Projekt dieser Art kommt von Jaguar Land Rover: Die Briten beobachten die Gewohnheiten der Insassen, berücksichtigen Tageszeiten und Wetterinformationen und greifen auf die persönlichen Kalenderdaten aus der Cloud zurück, erläutert Forschungschef Wolfgang Epple. So stellt das Auto im Voraus die passenden Navigationsziele ein, aktiviert im Winter automatisch die Sitzheizung und im Sommer die Klimaanlage. Und wenn mittwochs nicht wie immer um 19 Uhr vor der Abfahrt ins Fitnessstudio der Kofferraum geöffnet wird, dann vermutet die Elektronik, dass die Sporttasche noch in der Wohnung liegt. Selbst die Termine der Nutzer wollen die Entwickler koordinieren, Besprechungspartner bei Stau automatisch über die Verspätung informieren und Freunde oder Bekannte zusammenführen, wenn sie gerade im gleichen Stadtviertel auf dem Weg zum Abendessen sind. „Mit gründlicher Beobachtung und dem Zugriff auf externe Daten kann das System Voraussagen über Verhalten und Absichten des Fahrers treffen, die Steuerung vieler im Alltag anfallender Routineaufgaben übernehmen und den Piloten beträchtlich entlasten“, sagt Epple. „Der Fahrer kann sich vollkommen auf die Straße konzentrieren.“ Nebenbei lässt sich so auch noch das Bediensystem radikal vereinfachen, sagen die Briten: „Denn für eine Funktion, die das Auto selbst übernimmt, braucht man auch keinen Schalter mehr.“ All das funktioniert aber nur, wenn der Fahrer viele Informationen preisgibt, sagt Mercedes-Manager Mos. Dafür bekommt er im Gegenzug die digitale Vollversorgung. Trotzdem rechnet der Experte mit einer gewissen Zurückhaltung der Kundschaft und will der digitalen Selbstbestimmung Rechnung tragen: „Egal, welche Algorithmen wir programmieren und was wir über den Fahrer lernen, es wird immer einen Privacy- Modus geben, in dem man offline ist.“
Nächste Stufe der Personalisierung
Der digitale Diener
„Guten Morgen, Roger, hast Du nicht Deine Sporttasche vergessen?“ Wenn es nach den Vorstellungen der Autoentwickler geht, fahren vergessliche Menschen bald nicht mehr ohne Turnschuhe ins Fitnessstudio. Und ums Radioprogramm, Navigationsziele oder die Grundeinstellungen des Fahrzeugs muss sich niemand mehr kümmern. Denn die Industrie arbeitet bereits am selbstlernenden Auto, das seine Benutzer so lange beobachtet, bis es ihren Tagesablauf, ihre Vorlieben und ihre Routinen besser kennt als sie selbst.