Oberbürgermeister sollen den Menschen ihrer Stadt Gutes tun. Dass ein Oberbürgermeister auch über einen Konzern wie ZF – drittgrößter Autozulieferer der Welt – gebietet, ist allerdings überraschend. Bei Andreas Brand ist das der Fall, denn er ist als Oberhaupt der Stadt Friedrichshafen auch Vorsitzender der Zeppelin-Stiftung, der ZF fast vollständig gehört. Er hat das Sagen.
Brand hat sich in einem Streit mit dem Vorstandschef durchgesetzt. Stefan Sommer ist nach fünfeinhalb Jahren bei ZF zurückgetreten. Brand indes, frisch wiedergewählt, wird noch weitere siebeneinhalb Jahre wirken. Und muss nun einen neuen ZF-Chef finden, der gewillt ist, ein Unternehmen zu führen, das von der Stadt kontrolliert wird.
„Wenn ein Weltkonzern von den Launen eines Bürgermeisters abhängt“, titelte jüngst einegroße deutschsprachige Zeitung. Doch sind es keine Launen, die Brand antreiben. Es ist Kalkül. Brand will die Arbeitsplätze in der Region sichern und Geld für seine Stadt hereinholen. Das ist sein Job.
Eine Milliarde Euro will der parteilose Politiker, der mit den Stimmen von CDU, FW und FDP wiedergewählt worden ist, in der achtjährigen Periode einnehmen. Dafür wurde jüngst die Dividende deutlich erhöht.
Brand, 53, ein Verwaltungsbeamter schwäbischer Prägung, trifft durchaus den Ton der Region. Er kann mit den Arbeitern, dem Betriebsrat, den Gewerkschaften. Er muss aber auch mit dem Chef von ZF können. Und Brands „Local first“ stand in deutlichem Kontrast zur globalen Expansionsstrategie des ausgeschiedenen ZF-Chefs Sommer.Der Manager hatte den Umbau des Konzerns derart beherzt und konsequent angepackt, dass es dem OB ganz schummrig wurde. Nicht nur einmal trat Brand auf die Bremse und durchkreuzte Sommers Pläne, wie etwa die Wabco-Übernahme. Die höchste Eskalationsstufe erreichte der Streit aber, als Sommer die Eigentümer öffentlich kritisierte – ein Unding im so verschwiegenen Oberschwaben.
Auf dieser Basis muss Brand nun – im Schulterschluss mit dem neuen Aufsichtsratschef Franz-Josef Paefgen – einen neuen ZF-Chef aus dem Hut zaubern, der genauso erfolgreich ist, wie Sommer es war. Schafft Brand das nicht, hat er dem Unternehmen geschadet.
Lesen Sie auch:
Wissmann: "Die E-Mobilität ist in Deutschland weiter als in den USA"
ZF-Supercomputer serienreif: Chinesischer Autobauer erste Kunde von ZF ProAI