München. Wie sieht die ideale Beratung aus? Mit dieser Leitfrage haben wir eine Frau und vier Männer aus dem Topmanagement von Unternehmen aus der Automobilbranche konfrontiert. Sie alle haben bereits Erfahrungen mit externen Unternehmensberatungen. Hier sind ihre Antworten zu den Fragen nach den erforderlichen Kompetenzen der Berater und nach den Auswahlkriterien für Beratung. Und jeweils einen guten Rat haben die Befragten auch noch.
Das wünschen sich Unternehmen von Beratern
Was erwarten Sie von einer Beratung? Welche Kompetenzen erachten Sie als wesentlich für eine erfolgreiche Beratung?
Andrea Eck, 55, Vorstandsmitglied der BLG Logistics Group, Geschäftsbereich Automobile:
Eine Strategieentwicklung mit pragmatischer Implementierung und nachhaltiger Effizienzsteigerung. Erfolgsgaranten sind fachliche und persönliche Kompetenzen. Dazu gehört für mich auch ein ausgeprägtes Problemverständnis, das durch Zuhören gelingt und sich äußert, indem die Berater die Dinge auf den Punkt bringen können.
Frank M. Rinderknecht, 63, Chief Executive Officer von Rinspeed:
Wir definieren das Wort Beratung eher als "Sparring". Gemeinsam sollen gesetzte oder auch noch höhere Ziele erreicht werden. Da dienen weniger (gut gemeinte) Ratschläge, sondern ein tiefes, aber auch holistisches Verständnis der Materie und die Ausarbeitung von zukunftsweisenden Lösungsansätzen und deren Umsetzung.
Kay Thielemann, 47, Head of Continental Business Consulting:
Es ist immer gut, als Berater dem Kunden einen Schritt voraus zu sein, und das zusammengestellte Team solle ein hohes Maß an Fach- und Sachkompetenz haben. Man vermittelt so Sicherheit und Souveränität und schafft Vertrauen auf Kundenseite. Effektivität und Effizienz stehen im Berateralltag an vorderster Stelle.
Torsten Greiner, 53, Vorsitzender der Geschäftsführung des Automobilzulieferers Edscha:
Von einer Beratung erwarte ich, dass sie ergänzende Fachkompetenzen einbringt. Unerlässlich sind ein fundiertes Wissen über Märkte, Unternehmen, bestehende und zukünftige Geschäftsfelder und Prozesse. Eine große Rolle spielt zudem die persönliche Qualifikation der Berater.
Jesús Salvador, 42, Organization and Corporate Projects Director von Gestamp:
Wir bei Gestamp erwarten von einem Berater, dass er umsetzbare und maßgeschneiderte Strategien entwickeln kann, die auf breiten Branchen- und Marktkenntnissen basieren. Zudem ist es wichtig, dass wir ein klare Roadmap für die Umsetzung erhalten und nicht lediglich eine Reihe von Szenarien oder alternativen Handlungsoptionen.
Nach welchen qualitativen Kriterien wird entschieden, ob eine Beratung von außen angefragt wird? Wann ist der richtige Zeitpunkt für eine Beratung gekommen?
Kay Thielemann:
Wir haben zwar ein breites Beraterportfolio, decken aber dennoch nicht alle Themen ab. Wenn wir
Beratungen von außen anfragen, kommt es auf die richtige Mischung aus Referenzen, das passgenau komplementäre Expertiseprofil sowie die richtige Reaktionsgeschwindigkeit an. Auch der Preis spielt heute eine Rolle.Andrea Eck:
Eine externe Beratung sollte hinzugezogen werden, sobald externes Know-how in der Konzeptionsphase von spezifischen Projekten benötigt wird und wenn zu wenig eigene Kapazitäten für die Umsetzung vorhanden sind. Gerade große Unternehmensberatungen verfügen über wertvolle Informationen über Mit- und Wettbewerber.
Torsten Greiner:
Weniger ist mehr! Was externe Beratungen angeht, ist das für mich die Maxime. Eine Beratung ziehen wir nur in Einzelfällen bei wichtigen Strategieinitiativen oder Veränderungsprozessen hinzu, um zusätzliches Wissen ins Haus zu holen, Benchmarks durchzuführen oder um die Umsetzung wichtiger Veränderungen zu beschleunigen.
Frank M. Rinderknecht:
Da wir alle mehr oder weniger in unserer eigenen Welt gefangen und auch mit kleineren oder größeren Scheuklappen versehen sind, bietet sich ein "Sparring" immer dann an, wenn es eine Sicht von außen braucht – und damit der Horizont erweitert werden soll.
Jesús Salvador:
Gefragt ist vor allem fundiertes Wissen um die dynamischen Veränderungen der Industrie. Bei Gestamp glauben wir an den Grundsatz: Je früher wir ein geeignetes Beratungsunternehmen beauftragen, desto besser. Jedoch braucht es Zeit, zu verinnerlichen, dass sich Grundlegendes ändert und dass externe Beratung erforderlich ist.
Wenn Sie an frühere Beratungssituationen denken: Hätten Sie einen guten Rat für die Berater?
Jesús Salvador:
Fokussieren Sie sich auf eine langfristige Beziehung mit Ihrem Kunden. Es braucht Zeit, ein vertrauensvolles Verhältnis aufzubauen, aber es ist unerlässlich, um auch kritische Angelegenheiten besprechen zu können. Kurz gesagt: Der Aufbau langfristiger Beziehungen auf der Grundlage von Ehrlichkeit und Vertrauen ist der Schlüssel.
Torsten Greiner:
Ja, übertreiben Sie bitte nicht die Selbstvermarktung! Denn Berater neigen nicht selten dazu, innerhalb eines laufenden Projekts neue eröffnen zu wollen. Überdies gehört für mich zu jedem Team mindestens ein Berater, der über viel Branchen- und Umsetzungserfahrung verfügt.
Kay Thielemann:
Zentral ist, sich komplett in die Thematik einzudenken und bei der Lösungsfindung immer die Extrameile zu gehen. Eine präzise Strukturierung sowie Systematisierung der Herangehensweise ist eine solide Grundlage. Sich dazu für die Implementierung einzusetzen sowie sensitiv und authentisch mit dem Kunden umzugehen, ist wichtig.
Andrea Eck:
Entscheidend ist die eindeutige Auftragsklärung. Der Kunde möchte verstanden werden. Darüber hinaus ist für mich die Kooperation mit den Mitarbeitern wichtig: Prozesse sollten gemeinsam und nicht von oben herab, behandelt werden. Da kann schon der typische "Berater-Dresscode" mitunter eine abschreckende Wirkung haben.
Frank M. Rinderknecht:
Der Berater soll weniger beraten, sondern mehr auf das Gegenüber eingehen, sein Thema, aber auch seine Wünsche zu verstehen versuchen. Kurz: gemeinsam die Zukunft erfolgreich gestalten.
Diese Umfrage stammt aus "Automobilwoche-Spezial Automotive Consulting 2019".
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