Regensburg/Stuttgart. 14 Jahre nach dem Verkauf des Turboladergeschäfts der Kühnle, Kopp & Kausch AG (KK & K) an den US-Zulieferer BorgWarner produzieren erstmals wieder zwei deutsche Unternehmen diese Schlüsselkomponente. Dass Bosch Mahle Turbo Systems und Continental als Neueinsteiger Großaufträge von Ford und VW gewinnen konnten, liegt auch an den Umständen der damaligen Akquisition. Da KK & K den Geschäftszweig nicht hergeben wollte, übernahm Borg- Warner zwei Drittel der gesamten Aktiengesellschaft und verkaufte dann an sich selbst – gegen erbitterten Widerstand der übrigen KK & K-Anteilseigner.
Einige deutsche Hersteller, Volkswagen vorneweg, fürchteten die Abhängigkeit von Lieferanten aus Japan und den USA und ermunterten ihre deutschen Stammlieferanten, ins Geschäft einzusteigen. Die ließen sich nicht lange bitten, denn mit Einführung der Direkteinspritzung und neuer CO2-Grenzwerte zeichnete sich schon vor zehn Jahren ab, dass künftig nicht nur Diesel-, sondern auch Ottomotoren immer häufiger zwangsbeatmet würden. Beim Markteinstieg verfolgen Continental und die Allianz aus Bosch und Mahle allerdings klar unterschiedliche Strategien. „Wir konzentrieren uns auf das sehr wachstumsstarke Segment der Turbolader für kleine Ottomotoren mit hoher Leistungsdichte“, erläutert Udo Schwerdel, der das Geschäft bei Continental verantwortet. „Uns war und ist dabei wichtig, zuerst ein tiefes Produktverständnis zu erarbeiten, bevor wir an die Ausbreitung der Produktpalette herangehen.“ So entstanden einige Innovationen, die den Conti-Lader deutlich von anderen Konstruktionen unterscheiden. Das „Waste Gate“ etwa, ein Ventil, das überschüssiges Abgas bei hoher Last am Lader vorbei direkt in die Abgasanlage leitet, wird durch einen kleinen elektrischen Aktor betätigt. Bisher erfolgt die Ventilverstellung pneumatisch und damit deutlich langsamer. Das Ventil selbst ist ebenfalls eine patentierte Neukonstruktion nach dem Kugelhahn- Prinzip. Wie die Unterseite einer Schüssel geformt, schließt der Ventilteller die Abgasleitung sehr dicht ab. Es sind nur geringe Kräfte notwendig, um Leckagen zu verhindern, die bei kleinen Motoren mit geringem Abgasstrom besonders störend wären.Für das Ansprechverhalten sind gerade bei Motoren mit wenig Hubraum die rotierenden Massen entscheidend. Besonders stolz ist Schwerdel daher auf die Abmagerungskur des Turbinenrads: „Bis zu 40 Prozent werden wir in der nächsten Generation erreichen.“ Beim ersten Einsatz im neuen Ford-Dreizylindermotor ermöglicht der Conti-Lader eine Literleistung von 92 Kilowatt. Gefertigt wird das Aggregat im Schaeffler- Werk in Lahr – vollautomatisiert auf einer Montagelinie ohne manuelle Eingriffe. Das Bosch-Mahle-Gemeinschaftsunternehmen bringt seinen ersten Lader in der neuen TDI-Motorenbaureihe von Volkswagen zum Einsatz. Dazu mussten die Stuttgarter die bei Dieselmotoren übliche, aber sehr komplexe variable Turbinengeometrie (VTG) neu entwickeln. Geschlagen gibt sich BorgWarner angesichts der deutschen Offensive nicht. „Aus meiner Sicht ist es nebensächlich, dass mit Conti und Bosch-Mahle zwei Wettbewerber auf dem Markt sind, die ihren Hauptsitz in Europa haben“, sagt Arno Schwarz, der bei Borg-Warner die Entwicklung von Pkw-Komponenten verantwortet. Er verweist auf die weltweiten Entwicklungsressourcen und auf den VTG-Einsatz bei Ottomotoren.Auch der zweite amerikanische Laderhersteller Honeywell will mit Innovationen punkten: Auf dem Wiener Motorensymposium präsentierte das Unternehmen ein Aufladesystem, das mit einer Axial- anstelle der gängigen Radialturbine arbeitet. Eine Axialturbine wird vom Abgas parallel zur Achse durchströmt, was das Ansprechverhalten verbessern soll. Bislang galt dieses in Kraftwerken bewährte Prinzip für den Fahrzeugbau als zu teuer und zu Bauraum- intensiv. Allerdings könnte dafür eventuell beim Benziner auf VTG oder eine zweistufige Aufladung verzichtet werden. Die Ziele von Conti und Bosch- Mahle sind mit jeweils zwei Millionen Ladern im Jahr 2014 eher bescheiden. Schon heute werden weltweit jährlich mehr als 23 Millionen Turbolader verbaut. Es scheint so, als löse der Markteintritt von Conti und Bosch-Mahle vor allem einen Wettbewerb um die besten Zukunftstechnologien aus – ganz im Sinne der Autohersteller.Conti und Bosch-Mahle trumpfen auf
14 Jahre nach dem Verkauf des Turboladergeschäfts der Kühnle, Kopp & Kausch AG (KK & K) an den US-Zulieferer BorgWarner produzieren erstmals wieder zwei deutsche Unternehmen diese Schlüsselkomponente. Dass Bosch Mahle Turbo Systems und Continental als Neueinsteiger Großaufträge von Ford und VW gewinnen konnten, liegt auch an den Umständen der damaligen Akquisition. Da KK & K den Geschäftszweig nicht hergeben wollte, übernahm Borg- Warner zwei Drittel der gesamten Aktiengesellschaft und verkaufte dann an sich selbst – gegen erbitterten Widerstand der übrigen KK & K-Anteilseigner.