Renault hat sich im ersten Halbjahr auch dank der Integration von Mitsubishi zum volumenstärksten Autobauer der Welt entwickelt. Die Automobilwoche sprach mit Vorstand Stefan Müller über die jüngsten Entwicklungen in China und die Zukunft des Diesel.
Herr Müller, Renault hat als letzter europäischer Autobauer in China eine Fertigung gestartet, rund läuft es aber im größten Automobilmarkt noch nicht.
Wir sind besser unterwegs als geplant. Vor zwei Jahren sind wir in China gestartet und haben nicht erwartet, dass das neue Werk von Anfang an ausgelastet ist. 2017 hat sich unser Absatz bislang gegenüber dem Vorjahr verdoppelt. Wir wollen in China deutlich wachsen und haben als Zielmarke 300.000 Einheiten pro Jahr. China ist klar unsere Priorität Nummer eins.
Renault ist Ende August gemeinsam mit dem Allianzpartner Nissan eine Elektro-Partnerschaft mit Dongfeng eingegangen. Wozu?
Wir werden schon ab 2019 mit neuen Elektrofahrzeugen auf dem chinesischen Markt auftreten, zunächst im Bereich kleinerer SUVs. China ist bereits jetzt der größte Markt für Elektroautos und wird mit Abstand der größte Elektroautomarkt der Zukunft sein. Wir rechnen mit einem Marktpotenzial von zwei Millionen E-Autos im Jahr 2020.
Renault hat auch eine Partnerschaft mit Brilliance gestartet. Mit welchem Ziel?
Hier geht es um die gemeinsame Entwicklung und den Bau von leichten Nutzfahrzeugen. Ziel ist es, führender Anbieter in diesem wachsenden Segment in China zu werden. Im Markt sehen wir ein Potenzial von rund drei Millionen Fahrzeugen pro Jahr. Starten werden wir zunächst mit einer existierenden Palette, die wir dann Zug um Zug mit Renault-Modellen ausbauen.
Es verwundert, dass Renault als Spezialist für leichte Nutzfahrzeuge und E-Mobile keinen Auftrag vom Logistiker DHL erhielt, einen robusten Elektro-Transporter für den Postdienst zu entwickeln.
Für uns ist ein Markt dann ein Markt, wenn er mittelfristig profitablel sein kann. Im diesem Fall kamen wir zu anderen Schlüssen.
Bereiten Sie sich aufgrund der Dieselkrise und der Elektroförderung in den nächsten zwei bis drei Jahren auf einen Markthochlauf der E-Mobilität in Europa vor?
Wir arbeiten gemeinsam mit Nissan und Mitsubishi an einer neuen Plattform für Elektro-Pkw. Die ersten Resultate daraus werden wir ab dem Jahr 2020 sehen. Diese neue Plattform wird unsere Position im Elektro-Bereich nochmals deutlich stärken. Und die Batterietechnik wird deutlich größere Reichweiten erlauben.
Spielt dabei auch das Thema Feststoffbatterie eine Rolle?
Die Allianz investiert in alle technologischen Bereiche, die eine aussichtsreiche Entwicklung versprechen.
Französische Behörden ermitteln gegen Renault wegen verdächtiger CO2-Werte bei einigen Dieselmotoren.Hat nun auch Renault sein Dieselgate?
Ich unterstreiche mit Nachdruck, dass sich Renault in allen Belangen absolut gesetzeskonform verhält. Bei Renault gibt es keine Betrugssoftware und keine Manipulationen irgendwelcher Art an der Motorsteuerung. Im Übrigen begrüßen wir es, dass nun die neue Norm Euro 6d in Kraft tritt. Unsere Fahrzeuge werden die Anforderungen natürlich vollständig erfüllen. In den nächsten vier Jahren werden wir rund 1,2Milliarden Euro allein in die Dieselmotorenentwicklung investieren.
In Deutschland fordern Politiker, dass auch die Importeure in den Diesel-Fördertopf einzahlen. Warum hält sich Renault zurück?
Renault beteiligt sich durchaus an der Förderung sauberer Innenstädte, und zwar indem wir beispielsweise Wechselprämien von bis zu 7000 Euro für gebrauchte ältere Dieselfahrzeuge anbieten. Der geplante Fonds in Deutschland ist aus unserer Sicht eher eine nationale Maßnahme. Als Importeur ist es nicht unsere Aufgabe, uns an nationalen Förderprogrammen zur Infrastruktur zu beteiligen.
Welche Zukunft sehen Sie für den Diesel-Pkw?Der Diesel-Anteil sinkt derzeit sehr schnell, in Europa bei Renault im ersten Halbjahr um sechs Prozent. Wir müssen uns darauf einstellen, dass dieser Anteil weiter sinken wird. Wir werden unsere Fabriken weiter auf maximale Flexibilität trimmen, sodass wir jede Angebotsverschiebung bedienen können. Für die Zukunft, wie immer sie aussehen wird, sind wir bei Renault bestens gerüstet, sei es mit 12-Volt- oder 48-Volt-Mild-Hybriden, mit Plug-in-Hybriden oder mit rein batterieelektrischen Systemen.
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