Als die US-Regierung 1890 das erste Mal gegen Standard Oil vorging, den Multi von John D. Rockefeller, hatte das Unternehmen im Ölgeschäft einen Weltmarktanteil von 70 Prozent. Wie es der Zufall will, ist das genau der aktuelle Marktanteil von Google: Laut Net-Market-Share entfielen in diesem Jahr 70,53 Prozent der weltweit getätigten Suchanfragen im Internet auf Google. In Deutschland waren es sogar 90 Prozent. Während Standard Oil jedoch „nur“ ein Monopol auf die Ölversorgung hatte – in Zeiten, als die meisten Menschen noch mit Holz heizten und mit Dampfkraft reisten –, besitzt Google ein Quasi-Monopol in einem sehr viel wichtigeren Bereich – dem der Information im Internet. Neun von zehn deutschen Kunden, die eine Suchmaschine nutzen, um eine Werkstatt zu finden, tun dies bei Google. Das bedeutet: Wird eine Autowerkstatt bei Google nicht auf der ersten Seite der Suchergebnisse angezeigt, ist sie für eine wachsende Zahl von Menschen nicht existent.
Wenn also ein Google-Mitarbeiter beim Tag der Automobilwirtschaft des IFA in Nürtingen dem Autohandel empfiehlt, bei Google Adwords zu kaufen – also dafür zu bezahlen, bei solchen Suchanfragen auf der ersten Seite zu erscheinen –, dann ist das ungefähr so, als hätte Rockefeller den Menschen empfohlen: „Kauft mein Öl für eure Lampen, oder ihr sitzt im Dunkeln.“ Sollten jetzt alle Autohändler und Werkstätten bei Google Adwords kaufen, weil es im Internet praktisch keine Konkurrenz mehr zu der Suchmaschine mit den farbigen Buchstaben gibt? Audi hat es zusammen mit seinen Partnerbetrieben getan. Noch ist Internetwerbung aber nur ein Element einer gelungenen Werbestrategie für Händler und Werkstätten. Lokal- und Regionalzeitungen werden – anders als die überregionalen Blätter – noch nicht so stark vom Internet bedroht. Lokalradio hat ebenfalls einen hohen Marktanteil – vor allem bei Autofahrern. Solch klassische Werbung kann etwas, was Google nicht kann: Menschen ein Produkt nahebringen, den Namen eines Autos, eines Autohauses oder einer Werkstatt in ihre Köpfe befördern, bevor sie planen, etwas zu kaufen und bei Google danach suchen. Es sei denn, Google könnte bald Gedanken lesen, in die Zukunft schauen oder beides. Das wird selbst ein Internet-Monopolist nicht schaffen.