Eine entspannte Sommerpause war den Autobossen in diesem Jahr nicht vergönnt. Wenn Daimler-Vorstandsvorsitzender Dieter Zetsche, BMW-Chef Harald Krüger und VW-Boss Matthias Müller die Zeitungen aufschlagen, finden sie dort eine Philippika nach der anderen. Von einer „Auto-Mafia“ ist da zu lesen, von einem „Kartell der Abgasbetrüger“ und den „Strippenziehern der Autobranche“. In den Leserbriefspalten fordern empörte Autofahrer, dass endlich Köpfe rollen. Und in den USA feilen die ersten Anwälte bereits an einer neuen Klagewelle gegen die „betrügerischen Germans“.
Nach „Dieselgate“ samt Fahrverbotsdiskussion kommt nun das „Autokartell“ hinzu. Der Vorwurf: jahrelang fragwürdige wenn nicht illegale Absprachen getroffen zu haben. Das Ganze wird flankiert durch die Empörung über die Regierungserklärung von Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, die er vor derVeröffentlichung dem VW-Konzern vorlegte. Seither tobt in denMedien eine Debatte um die „Deutschland AG“ und die Autolobby.
„Sollte sich der Verdacht erhärten, wäre das ein weiterer Tiefschlag für unseren Automobil-standort“, fürchtet der baden-württembergische Ministerpräsident und Grünen-Politiker Winfried Kretschmann. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz macht klar, wer sich in den Unternehmen Sorgen machen muss: „Es wäre ein gigantischer Betrug zulasten der Kunden und der oftmals mittelständischen Zulieferunternehmen. In diesem Fall müssen die verantwortlichen Manager die Konsequenzen tragen.“Und diese können es in sich haben. „Ein mögliches Autokartell ist alles andere als nur ein Kavaliersdelikt, das einige Milliarden Euro an Strafzahlungen nach sich ziehen kann“, warnt Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management. „Vor dem Hintergrund des Dieselskandals sind verbotene Absprachen auch eine Art Super-GAU für die Glaubwürdigkeit der deutschen Automobilindustrie."