Bollorés schwerer Start als JLR-Chef

Keiner hatte ihn auf der Liste. Der französische Automanager Thierry Bolloré wird am 10. September 2020 neuer Vorstandsvorsitzender von Jaguar Land Rover (JLR) und damit Nachfolger des scheidenden Chefs Ralf Speth. Zuletzt wurden unter anderem die Manager Klaus Fröhlich (Ex-BMW) und Bram Schot (Ex-Audi) als neue JLR-Chefs gehandelt.

Der 57 Jahre alte Bolloré war bisHerbst 2019 Chef der Marke Renault. Dort wurde er geschasst, nachdem er einen Brief über Vetternwirtschaft und Interessenkonflikte in der Renault-Nissan-Allianz verfasst hatte. Vor allem Nissan drängte auf eine Entlassung, was Bolloré als "Putsch" bezeichnete.

Der JLR-Eigner Tata Motors begründet das Plazet zu Bolloré mit dessen internationaler Erfahrung. Er war im Aufsichtsrat der russischen Avtovaz-Gruppe, hatte einen Sitz im Joint Venture Dongfeng Renault Automotive und bei Renault Brilliance Jinbei Automotive. Beim Zulieferer Faurecia arbeitete der Bretone in Top-Positionen, bevor er 2012 vom damaligen Renault-Nissan-Chef Carlos Ghosn geholt wurde. Bolloré galt als einer der letzten Anhänger Ghosns, der nach seiner Entlassung in Japan in Untersuchungshaft saß und Anfang 2020 spektakulär in den Libanon floh.

Bei vielen Renault-Managern hinterließ Bolloré gemischte Gefühle. Er stammt aus einer reichen Familie und gilt als typischer Absolvent einer französischen Eliteuniversität. Bei Renault verlangte er eine realistischere Sicht auf die Probleme des Autobauers und eckte damit bei Führungskräften an. Mut zu Veränderung hat er. So forderte Bolloré 2018, dass Renault sich von seiner hohen Diesel-Abhängigkeit lösen muss und auf alternative Antriebe setzt – das ist nun auch beim neuen Arbeitgeber gefragt.

In Gaydon bei Coventry warten auf Bolloré nun gleich drei Großbaustellen: erstens die Wirtschaftskrise, zweitens die Covid-19-Pandemie, drittens der Brexit. Der scheidende Chef Speth, der am 9. September 65 Jahre alt wird, hatte ein strammes Sparziel ausgegeben, das er jetzt noch einmal verschärfte. Bis März 2021 sollen die Kosten nun um sechs statt fünf Milliarden Pfund gesenkt werden. Das umzusetzen, ist Bollorés Aufgabe.

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