„Autos sind heute besser und qualitativ hochwertiger als je zuvor“

Deutsche Automobil-Produkte haben weltweit ein gutes Qualitätsimage. Wie lässt sich der hohe Standard halten?

Felix Kuhnert: Ein wesentlicher Baustein der Premium-Qualität sind integrierte Entwicklungsprozesse, in denen Komponenten, Systeme und Gesamtfahrzeuge gleichzeitig und in enger Abstimmung spezifiziert und entwickelt werden. Zusätzlich werden Premium-Fahrzeuge intensiv getestet, so dass jede denkbare Belastung erprobt und abgesichert werden kann.

Wie sichern Hersteller die Qualität in Auslandswerken, weitab vom Stammmarkt?

Die klassische Strategie ist die möglichst weitgehende Übernahme von Werkzeugen, Prozessen und Methoden aus dem Heimatwerk, sowie die Belieferung durch dieselben Zulieferer. FlexiblereStrategien - die auf lokale Faktorkosten, Erfahrungsniveau oder Komponentenverfügbarkeit abgestimmt sind - sind wesentlich schwieriger zu implementieren und setzen häufig langwierige Lernprozesse voraus, die aber langfristig zu besseren Ergebnissen führen können.

Gerade Zulieferer stehen unter einem extremen Preisdruck: Wie lässt sichgewährleisten, dass in allen Gliedern der Wertschöpfungskette die gleichen Standardsherrschen?

Die Definition und Sicherstellung von Qualitätsstandards ist eine Kernkompetenz von Automobilherstellern, die dazu detaillierte und regelmäßige Evaluierungen auf allen Stufen der Wertschöpfungskette durchführen. Zusätzlich werden durch Konventionalstrafen und Regressmöglichkeiten Zulieferer in die Haftung für eventuelle, qualitätsbedingte Schäden genommen, so dass ein starkes Eigeninteresse an der Lieferung bester Qualität besteht.

Auch deutsche Autohersteller müssen immer wieder Autos zurückrufen wegenfehlerhafter Bauteile. Die Zahl der Rückrufe steigt, versagt hier dasQualitätsmanagement?

Autos sind heute besser und qualitativ hochwertiger als je zuvor. Die absolute Menge der Fehler und Probleme nimmt stetig ab. Gerade deswegen hat sich eine Kultur herausgebildet, die schon kleine Probleme mit einem "offenen" Rückruf angeht, wo in früheren Zeiten ein diskreter "stiller" Rückruf durchgeführt worden wäre. Problematisch ist dabei, dass auch bei geringen Mengen tatsächlich fehlerhafter Fahrzeuge sehr große Volumen von plattformgleichen Autos zurückgerufen werden müssen, da die Fehler nicht von außen diagnostiziert werden können. Hier besteht großer Handlungsbedarf, der im Zuge der "Connected Car"-Strategien auch adressiert wird.

Was gehört zu einem gut funktionierenden Qualitätsmanagement?

Das wesentliche Element eines Qualitätsmanagements ist eine unternehmensweite Qualitätskultur, in der jeder Mitarbeiter selbstverständlich auf optimale Ergebnisse achtet, und Probleme jederzeit (auch schon vorgreifend) meldet und abstellt. Dazu sind Handlungsanweisungen, Prüfungen, Tests, Audits und Zertifikate nur Hilfsmittel, die bei mangelndem Qualitätsbewusstsein zu reinen Scheinübungen verkommen.

Made in Germany: Welchen Wert hat dieses Qualitätssiegel? Und stimmt dasüberhaupt noch, wo doch eine Vielzahl an Bauteilen eines Autos gar nicht mehr Made inGermany ist?

Was ursprünglich als "Malus" der im Nachkriegsdeutschland hergestellten Produkte gedacht war, hat sich paradoxerweise zu einem Qualitätssiegel entwickelt. Wer die Endprodukte mit dem Siegel "Made in Germany" versehen möchte, muss zumindest die Endmontage in Deutschland behalten - und diese Investition auch gewinnbringend in der Markenpositionierung einsetzen können. Bei einer von uns aktuell durchgeführten Befragung unter 1000 Verbrauchern kam heraus, dass das Gütesiegel "Made in Germany" für neun von zehn Konsumenten ein Kaufargument ist.