Nein, so entspannt, wie Elon Musk auf seinem Instagram-Video beim Grillen auf dem Dach seiner Gigafactory zu sehen ist, ist der Superstar des Silicon Valley derzeit nicht. Schließlich gab es nichts, was Musk mit dem Whiskey im Plastikbecher hätte begießen können. Er entschied sich für die Campingnacht auf dem Fabrikdach schlicht aus Zeitdruck. Die Fahrt ins Hotel nach Reno hätte ihm zu lange gedauert. Er hätte weniger Zeit für die Lösung der derzeit turmhohen Probleme gehabt.
Musk ist mit Tesla da, wo er sein Team schon bei der Präsentation des Model 3 gesehen hat: in der Hölle der Produktion. Musk selbst vergleicht seine Situation mit denneun Höllenkreisen in Dante Alighieris Inferno: „Wir waren in Level neun, und wir sind jetzt in Level acht und kurz davor, Level acht zu verlassen.“
Und natürlich wagen sich seine zahlreichen Kritiker nun gerne wieder aus der Deckung. Musk hat sie ja lange genug provoziert und mit einer Mischung aus Charme und Überheblichkeit bis aufs Blut gereizt. Dafür muss er sich in den Stunden der drohenden Niederlage von VW-Konzernchef Matthias Müller als Ankündigungsweltmeister titulieren lassen. Schließlich soll das Model 3 zeigen, ob Tesla wirklich ein Produkt für den Massenmarkt liefern kann.
Er selbst fackelt aber auch nicht lange, wenn es um die Ursachensuche geht. Mehrere Hundert Mitarbeiter wurden gefeuert. Deswegen verklagt ihn nun die Gewerkschaft. Und US-Kunden, die für 8000 Dollar das Update fürs autonome Fahren bestellt haben, klagen ebenfalls, weil sie nicht die erwartete Leistung bekommen haben. Ärger hat Musk derzeit an fast allen Fronten. Auch mit der US-Verbrauchergesellschaft Consumer Report liegt er im Clinch.
Doch auch wenn Musk gerade wie der angeschlagene Boxer in der Ecke erscheinen mag – dass erfür die Platzhirsche der Autobranche weiterhin gefährlich ist, zweifelt keiner an. VW-Markenchef Herbert Diess hat Tesla bereits als wichtigsten Konkurrenten ausgemacht. Und BMW-Marketingchefin Stefanie Wurst sagt: „Elon Musk hat die Position der Apple-Ikone Steve Jobs eingenommen.“
Große Worte. Die aber zu kurz greifen. So erfolgreich Jobs mit Apple auch war, er hat sich auf ein Unternehmen und wenige Geschäftsfelder konzentriert. Musk aber will nicht nur die Autobranche erobern, sondern auch noch den Verkehr unter die Erde legen und der Solarenergie zum Durchbruch verhelfen. Und wenn gar nichts mehr hilft, schickt er die Menschheit zum Mars. Denn das kleine Karo trägt er nicht gern.
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