München. Schöne Bescherung: Zwei Wochen vor Weihnachten überraschte der Reifenproduzent Hankook mit der Ankündigung, ein eigenes Testzentrum für Winterreifen zu errichten. Ein Konzern aus Südkorea, der im finnischen Ivalo, weit nördlich des Polarkreises gelegen, M+S-Bereifung erproben will – sozusagen vor der Haustür europäischer Konkurrenten wie Pirelli, Michelin und Continental? Vielen Managern in Diensten der Platzhirsche war die vorweihnachtliche Stimmung verhagelt.
Für Hankook, schon jetzt einer der fünf größten Reifenanbieter der Welt und seit Jahren auf forschem Expansionskurs, ist der Schritt nur konsequent. "Wir präferieren seit Langem eine regionale Produktentwicklung", sagt Ho-Youl Pae, Hankook-Europa-Chef. "Da auch die Entwicklungs- und Erprobungszeit eines Produkts von immer entscheidenderer Bedeutung sein wird, kann unser neues Wintertestgelände in Ivalo die Effektivität unserer Reifenentwicklung hier in Europa erheblich steigern."
Räumliche Nähe zwischen den Reifenherstellern und ihren industriellen Kunden, den Autoproduzenten, sowie verstärkte Präsenz vor Ort, auf den Zielmärkten, ist ein genereller Trend in der Reifenbranche. Und längst nicht nur im Geschäft mit Winterbereifung. Der deutsche Zulieferer Continental etwa hat im texanischen Uvalde im Oktober vergangenen Jahres eine neue Trocken-Handlingstrecke für Sommerreifen eingeweiht. Die knapp drei Kilometer lange und bis zu zwölf Meter breite Strecke biete "vielfältige Möglichkeiten, zahlreiche Produkte des Konzerns wie Reifen, Fahrerassistenzsysteme und Komponenten für das automatisierte Fahren auch im Grenzbereich zu testen", heißt es bei Conti. Die Einsicht dahinter ist, dass die zunehmende Verzahnung der Reifen-Ingenieure mit den Entwicklern innovativer Fahrwerke und Bremsen auch eine engere räumliche Anbindung erfordert.